Von der Antike bis zur UNESCO: Geschichte, Genuss und Geheimnisse
Couscous ist eines der bekanntesten Gerichte der nordafrikanischen Küche. Seine Geschichte reicht Jahrhunderte zurück und ist eng mit der kulturellen Entwicklung der Berbervölker sowie dem Einfluss arabischer und mediterraner Kulturen verbunden. Ob in Nordafrika, Südeuropa oder weltweit – dieses einfache, aber köstliche Gericht hat eine beeindruckende Reise hinter sich und bleibt auch in Zukunft ein fester Bestandteil vieler Küchen.
Historische Entwicklung
Das Wort „Couscous“ stammt vermutlich aus der Berbersprache. Eine Theorie besagt, dass es vom Berberwort "seksu" oder "k'seksu" abgeleitet ist, was so viel wie „gut gerollt“ oder „wohl geformt“ bedeutet – ein Hinweis auf die Herstellungsweise der kleinen Grießkügelchen. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Name aus dem arabischen Wort "kuskus" (كُسْكُس) stammt, das ebenfalls auf die typische Form und Zubereitung des Gerichts verweist. Da das arabische Wort selbst auf das Berberische zurückgeht, stehen diese Theorien nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich. In vielen Sprachen, darunter Französisch, Englisch und Deutsch, hat sich die Schreibweise „Couscous“ etabliert.
Die genauen Ursprünge des Couscous sind unklar, doch archäologische Funde lassen vermuten, dass die Berber Nordafrikas bereits vor über 2000 Jahren eine frühe Form dieses Gerichts kannten. Als erste Siedler der Region entwickelten sie ein Verfahren zur Herstellung von Couscous, bei dem Hartweizengrieß mit Wasser vermengt und zu kleinen Kügelchen geformt wurde, die anschließend gedämpft wurden.
Mit der arabischen Expansion und dem florierenden Handel über die Handelsrouten durch das Mittelmeer und die Sahara verbreitete sich Couscous über Nordafrika hinaus bis in den Nahen Osten und Südeuropa. Insbesondere zwischen dem 7. und 15. Jahrhundert wurde er mit der Ausbreitung des Islam zu einem Grundnahrungsmittel in weiten Teilen der arabischen Welt.
Im 13. Jahrhundert beschreibt der andalusische Gelehrte Ibn Razīn al-Tujībī Couscous in seinen Kochbüchern als ein beliebtes Gericht in der islamischen Welt.
Die UNESCO würdigte die kulturelle Bedeutung von Couscous im Jahr 2020, indem sie es als immaterielles Kulturerbe der Menschheit für Marokko, Algerien, Tunesien und Mauretanien anerkannte.
Die Bedeutung von Couscous in Marokko
In Marokko ist Couscous weit mehr als nur ein Gericht – er symbolisiert Gemeinschaft, Gastfreundschaft und Tradition. Besonders freitags, nach dem Mittagsgebet, wird er in vielen Haushalten als gemeinsames Mahl serviert. Auch bei Festen, Hochzeiten und besonderen Anlässen darf Couscous nicht fehlen.
Seine Vielseitigkeit zeigt sich in den zahlreichen regionalen Varianten, die von herzhaft bis süß reichen. Ob mit sieben Gemüsesorten, zartem Lammfleisch oder der süßen Tfaya-Variante mit karamellisierten Zwiebeln und Rosinen – Couscous bleibt ein fester Bestandteil der marokkanischen Identität und ein kulinarisches Erbe, das weit über die Grenzen Nordafrikas hinaus geschätzt wird.
Legenden, Genuss und Geheimnisse
Napoleon un der Couscous
Es gibt eine Legende, die besagt, dass Napoleons Truppen während des Ägyptenfeldzugs (1798–1801) große Schwierigkeiten hatten, sich an die klimatischen Bedingungen und die Nahrungsmittel der Region anzupassen. Während französische Soldaten ihre üblichen Rationen an Brot und Fleisch bevorzugten, beobachteten sie, dass die Berber und arabischen Krieger Couscous als Hauptnahrungsmittel verwendeten und dadurch widerstandsfähiger und ausdauernder wirkten.
Ein französischer Offizier soll später berichtet haben, dass die Feinde „eine geheimnisvolle, magische Nahrung“ hatten, die ihnen unerschöpfliche Energie verlieh. Tatsächlich war es einfach nur Couscous, das durch seine leichte Verdaulichkeit und Nährstoffdichte den nordafrikanischen Kämpfern einen Vorteil verschaffte.
Couscous am französischen Hof
Während der Herrschaft von Ludwig XIV. brachten Reisende und Diplomaten immer wieder exotische Speisen an den französischen Hof. Eine dieser Speisen war Couscous, das durch diplomatische Beziehungen mit Nordafrika nach Frankreich gelangte. Der König, bekannt für seine prunkvollen Feste und seine Neugier auf neue kulinarische Genüsse, soll davon gehört haben und verlangte, dass ihm dieses „mysteriöse Getreidegericht“ serviert werde.
Die königlichen Köche waren allerdings ratlos – sie hatten zwar den Grieß, aber niemand wusste genau, wie man ihn richtig zubereitet. Anstatt den Couscous zu dämpfen, kochten sie ihn wie eine Suppe, was in einer unansehnlichen, matschigen Masse endete. Ludwig XIV. soll höflich gekostet haben, aber nach einem Löffel den Teller mit einer Grimasse zur Seite geschoben haben.
Jahrzehnte später, mit der zunehmenden Einwanderung von Nordafrikanern nach Frankreich, wurde Couscous richtig zubereitet und entwickelte sich zu einem der beliebtesten Gerichte in Frankreich – heute gehört es dort sogar zu den Nationalgerichten!
Couscous als Friedensbringer
Eine weitere bemerkenswerte Geschichte stammt aus dem 19. Jahrhundert. Während des französischen Kolonialismus in Algerien sollen französische Offiziere zunächst skeptisch gegenüber Couscous gewesen sein. Doch nachdem sie es probierten, waren sie so begeistert, dass sie es in ihre Ernährung aufnahmen. Es wird sogar erzählt, dass ein französischer General seine Truppen angewiesen hat, nur noch Couscous anstatt Brot zu essen, weil es nahrhafter und leichter zu transportieren war.
Einige Berichte deuten darauf hin, dass gemeinsame Couscous-Mahlzeiten zwischen französischen Soldaten und Berbern gelegentlich zu unerwarteten Friedensmomenten führten – ein Beweis dafür, dass gutes Essen Kulturen verbinden kann!
Der Couscous des Kalifen
Eine alte Erzählung aus Andalusien berichtet von einem Kalifen, der sich mit seinen Gelehrten über das perfekte Gericht stritt. Während einige Lamm mit Datteln und Honig bevorzugten, andere Fisch mit Oliven, brachte ein einfacher Koch aus dem Maghreb eine dampfende Schale Couscous mit Gemüse und zartem Fleisch. Der Kalif probierte es und verkündete: „Hier ist die wahre Speise der Götter, denn sie verbindet alles, was die Erde zu bieten hat.“
Das größte Couscous-Gericht der Welt
Einige Städte in Nordafrika und Frankreich haben sich über die Jahre gegenseitig darin überboten, das größte Couscous-Gericht der Welt zuzubereiten.
- 2004 bereitete ein Team aus Algerien eine 8 Tonnen schwere Couscous-Portion zu.
- 2019 stellte Tunesien einen neuen Rekord auf – mit über 10 Tonnen Couscous in einem riesigen Kessel!
- 2022 folgte Marseille in Frankreich mit einem 11-Tonnen-Couscous, um die kulturellen Wurzeln der nordafrikanischen Diaspora zu würdigen.
Diese Wettbewerbe sind nicht nur spektakulär, sondern zeigen auch, wie Couscous als kulturelle Verbindung zwischen Nordafrika und Europa eine große Rolle spielt.