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Familienreise durch Südmarokko

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Um 11 Uhr morgens stehen wir auf dem Djamâa-el-Fna, dem berühmten Platz mitten in der Altstadt und tauchen ein in die fremde Welt. Bereits am Vormittag kann man ahnen, was abends hier los sein wird. Grüppchen von Schlangenbeschwörern sitzen schon unterm Sonnenschirm in weißen, weiten Jelabas, auf kleinen Hockern oder einfach im Schneidersitz auf dem Boden. 

 

1. Tag Marrakesch

Familienreise durch Südmarokko, Familie Hahne und Freunde

Um 11 Uhr morgens stehen wir auf dem Djamâa-el-Fna, dem berühmten Platz mitten in der Altstadt und tauchen ein in die fremde Welt. Bereits am Vormittag kann man ahnen, was abends hier los sein wird. Grüppchen von Schlangenbeschwörern sitzen schon unterm Sonnenschirm in weißen, weiten Jelabas, auf kleinen Hockern oder einfach im Schneidersitz auf dem Boden. Sie spielen Flöte und lassen die Schlangen tanzen: Kobras richten sich wie Synchronschwimmerinnen auf, die aufgeplusterten Hälse drehen alle in dieselbe Richtung. Die Flöten kennen nur hohe Töne, immer drei wallen in einer Endlosschleife auf und ab. Einige Beschwörer halten eine Schlange in der Hand, lässig wie ein aufgerolltes Lasso und warten auf Touristen wie uns. Ein Blickkontakt, ein Lächeln, und schon haben sie uns: „Where are you from, voulez vous photos?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, hat Vincent eine Schlange um den Hals, der Kollege kommt sofort und legt seine Schlange um Leons Hals. Der Schlangenmensch legt den Jungs den Arm um die Schulter und grinst breit. Die Zahnstummel leuchten. Perfektes Foto, macht 5 Dirham, das sind 50 Cent, oder auch 20 Dirham, je nach Verhandlungsgeschick.Familienreise durch Südmarokko, Jamaa El Fna

Die Jungs nehmen das Gewürm recht gelassen tapfer

Sie sind nicht mal zusammen-gezuckt. Kühl sei die Schlange am Hals gewesen, aber Angst hätte er nicht gehabt, sagt Vincent. Der Platz füllt sich. Hier stehen Zuschauer um zwei Schauspieler, die eine Geschichte spielen: einer ist wohl der dumme Esel, er hat ein Paar ausgelatschte Flip-Flops zu Eselsohren umfunktioniert und mit einem Gummiband am Kopf befestigt, ein anderer haut ihm mit dem Besen auf das beschürzte Hinterteil. Er gestikuliert wild und lamentiert dramatisch, die Leute lachen; Kinder genauso wie Erwachsene. Es macht Spaß zuzuschauen, auch wenn wir kein Wort verstehen.

Dort trommelt eine kleine Gruppe prächtig angezogener Männer, sie tragen leuchtend rote, gelbe oder blaue Gewänder aus glänzendem Stoff und kreisen unablässig mit dem Kopf, auf dem eine Mütze mit Bommel sitzt, der im gleichen Rhythmus wie ein Spielzeugflieger um den Kopf fliegt. Ebby kennt sich aus - das sind Gnaouas, Nachfahren westafrikanischer Sklaven, die sich mit ihrer Musik in Trance wiegen. Sie entdecken uns und steuern auf uns zu: „Monsieur, une photo!“ Wir lachen und haben im nächsten Augenblick die Bommelmütze auf dem Kopf, Leon bekommt die Trommel, Vincent die Metallkastagnetten und die Gnaouas posieren versiert fürs Foto. Frauen auf niedrigen Hockern bieten Hennatatoos an oder lesen die Zukunft aus Karten. Vor einem Café fliegen Akrobaten mit Flic-Flacs vorbei, mindestens acht hintereinander. Die Leute klatschen, sie gehen rum um sammeln Geld.

Pause in einem der vielen Cafés um den Platz herum. Orangina und Cola, eine kleine Pizza. Das tut gut. Kostet zwar mindestens so viel wie in Deutschland, aber das zahlen wir gerne für das große Kino, das sich hier bietet. Kino in 4D, spannende Kulisse für alle Sinne. Riechen, schmecken, hören, sehen, und staunen, staunen, staunen. Weiter geht´s: Hinter dem Djamaa- el-Fna zweigen Gassen ab, die in das Labyrinth der Souks führen.

Ein Farbenrausch, den das Auge kaum fasst – lückenlos reiht sich Stand an Stand mit Taschen, Stoffen, Ledergürteln, Schuhen, Ketten, Ringen, Lampen, herrliche Süßigkeiten, grüne mit Pistazien, Blöcke aus Honig, Sesam, Nüssen und Rosenwasser. Stände mit Seifen, Kräutern, Gewürzen verströmen schweren Duft nach Amber und Zedernholz.  Und auch Tiere gibt es. Wir bleiben an einem Stand stehen, und es dauert keine drei Sekunden, bis Leonard ein kleines Chamäleon in der Hand hält. Der Ladenbesitzer zieht Ebby am Ärmel um die Ecke, dort lebt noch mehr Getier: Ein junger Falke sitzt auf einem geflochtenen Hocker, mit dem Fuß dort angeleint. Größere Chamäleons harren bewegungslos auf dem Treppengeländer. Zacharias, stellt sich der Ladenbesitzer vor, und setzt Vincent ein Chamäleon auf den Kopf, eines auf die Brust und gibt ihm eines in die Hand. Der weiß gar nicht, wie ihm geschieht und blinzelt skeptisch. Zachrarias packt Amberseife aus und streicht uns damit über den Arm. „Pour le cabinet“, für den Schrank, damit die Kleider immer gut riechen. Ok, er ist so symphatisch, dass wir gar nicht anders können als das Stück Seife zu kaufen. Weiter geht´s durch die Gassen, es ist eng und warm, von oben fällt Licht durch die auf Überdachung und zeichnet Streifen auf die Rücken. Hier schiebt jemand einen breiten Karren vor sich her, von hinten kommt ein Mofa angeknattert, es ist so eng, dass man zeitweise nur schrittweise vorankommt.

Die Ruhe in dem Jardin du Majourelle tut nach dem Trubel in den Souks enorm gut
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