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Al-Andalus: Das verlorene Paradies und seine Spuren in Fès

Al-Andalus bleibt unvergessen in den Herzen derer, die von den goldenen Zeiten des islamischen Iberiens träumen. Wie ein leuchtender Stern, dessen Glanz bis heute nachhallt, lebt er fort - in Erzählungen, Erinnerungen und in den Städten, die einst seine Bewohner beherbergten, wie Fès.

Al Andalus, Foto: Captain Blood auf Wikipedia

Alhambra Panorama Mirador San Nicolas, Foto Slaunger auf Wikimedia

Fès, ein Zentrum des Wissens und der Kultur, trägt das Erbe al-Andalus weiter, besonders im Viertel Adwat al-Andalus (*1 عدوة الاندلس), das Flüchtlinge und Handwerker aus der Iberischen Halbinsel aufnahm. Hier, am Ufer des Wad Fès (Wad bedeutet Fluss), entfaltete sich eine neue Blütezeit, die das andalusische Erbe in einer fremden Heimat fortführte - in Moscheen, Schulen und in der Kunstfertigkeit des Handwerks. Was einst als Traum begann, hat sich in den Mauern von Fès erhalten,

Al-Andalus war über Jahrhunderte hinweg ein gelebter Traum, eine Legende, die wie ein leuchtender Stern von Generation zu Generation weitergetragen wurde - ein Echo aus „Tausendundeiner Nacht“, eine arabische Odyssee, die niemals endet. Es war ein verlorenes Paradies, das die Herzen durchdrang, die Seele berührte und doch stets jenseits der greifbaren Welt blieb.

Andalusien al Hamra in Granada

Andalusien al Hamra in Granada Mit der Zeit versank es in den Nebeln der Vergangenheit, bewahrt in den Worten von Philosophen, den Versen der Dichter, den Gedanken der Gelehrten, den Werken der Künstler und Erfinder. In jener goldenen Epoche verschmolzen Religionen und Kulturen zu einer einzigartigen Symbiose des Wissens und der Kunst - eine Blütezeit, deren Traum bis heute in den Seelen jener weiterlebt, die sich nach ihrer Rückkehr sehnen.

Doch dieses Zeitalter verging, und mit ihm der Ruhm jenes Landes, das als „verlorener Garten Eden“ galt. Kein Ort auf Erden konnte ihm je gleichen, keine Stätte vermochte seinen Namen zu bewahren. Dennoch blieb seine Erinnerung lebendig - in Fès, in „Adwat al-Andalus“, am westlichen von Wad Fès, dessen Name über die Jahrhunderte wechselte. Bald hieß der Fluss Wad Fès, bald Wad al-Jaouahir (Fluss der Edelsteine), bald Wad Bin Lemdun (Fluss zwischen den Städten) oder auch Wad Bukhrareb (Fluss der Zerstörung) - letzteres deshalb, da er zuweilen anschwoll und die Häuser in seinem Zorn hinwegraffte.

Adwat Al-Andalus war eine eigenständige Stadt und entstand noch vor der gegenüberliegenden Adwat al-Qarawiyyin (عدوة القرويين) und der al-Lamteyen (اللمطيين). Obwohl sie kleiner war - sowohl in Bezug auf Fläche, Bevölkerung als auch Bauwerke - trug sie dennoch den ersten Funken des Lebens in sich. Ihre alten Moscheen waren die ersten, deren Minarette gen Himmel ragten.

Der Gründer der Stadt Fès sowie der Idrisiden-Dynastie, Idris I, gab ihr zunächst den Namen „Adwat al-Barabira“, das Stadtteil der Berber. Doch als die andalusischen Flüchtlinge dort ihre neue Heimat fanden, wurde es zur Stätte ihrer Ansiedlung und trug fortan den Namen „al-Andalus“.

Die ersten, die sich in Adwat Al-Andalus niederließen, waren politische Emigranten, die nach Fès flohen, nachdem sich in der Tragödie von ar-Rabd Cordoba (*2) das Schicksal gegen sie gewandt hatte. Ar-Rabd waren die Viertel am linken Ufer des Guadalquivir (*3) (spanisch: Río Guadalquivir) ist der bedeutendste Fluss im Süden Spaniens und einer der wichtigsten Wasserwege der iberischen Geschichte. Sein Name stammt aus dem Arabischen "al-Wad al-Kabīr", was "der große Fluss" bedeutet.), deren Bewohner sich im Jahre 818 gegen das Joch des Umayyaden-Kalifen al-Hakam ibn Hischam erhoben. Ihr Aufstand erschütterte seine Herrschaft bis in ihre Grundfesten, und in grausamer Vergeltung ließ er das Gebiet dem Erdboden gleichmachen, es in Ackerland verwandeln und dreihundert der Edlen ans Kreuz schlagen. Den Bewohnern blieb kein anderer Ausweg als die eilige Flucht. So fanden mehr als achttausend Familien Zuflucht in Fès, wie Ibn Abi Zar in seinem „Rawd al-Qirtas“ überliefert.

Bald darauf folgten Scharen andalusischer Handwerker, die in den jungen Idrisiden Staat strömten - ein Reich, das nach jenen Meistern verlangte, welche die Künste des Handwerks in sich trugen: die Gerberei, die Keramikkunst, die Landwirtschaft und insbesondere die Baukunst. Und so setzten sich mit der Zeit weitere Wellen andalusischer Zuwanderer in Bewegung, bis eine große Zahl von ihnen in Fès ansässig wurde - die meisten von ihnen in Adwat al-Andalus.

Nach der Idrisiden Epoche und mit dem Aufstieg der Dynastie der Magrawa trübte sich das Verhältnis zwischen Ftouḥ ibn Dunas ibn Ḥamama, 1059 - 1062 über Adwat al-Andalus herrschte, und seinem Bruder Ajisa ibn Dunas, dem Regenten von Adwat al-Qarawiyyin. Ihre Namen sind bis heute an den Toren beider Stadtteile verewigt. Die Fehde zwischen den Brüdern eskalierte, bis die einst benachbarten Städte sich voneinander lossagten. Die Zwietracht erreichte eine solche Schärfe, dass schützende Mauern zwischen den beiden Ufern errichtet wurden, jenen beiden Stadtteilen, die durch den „Fluss zwischen den Städten“ voneinander geschieden waren. Hier weitere Details.

Getrennt blieben sie, bis Yusuf ibn Tashfīn nach Fès kam. In seinem Streben nach Einheit ließ er die Mauern niederreißen, um die beiden Hälften der Stadt wieder zu vereinen. Darüber hinaus berief der Almoraviden-Herrscher geschickte Handwerker und Kunstfertige aus den blühenden Städten al-Andalus nach Fès und andere marokkanische Städte, damit sie deren Moscheen erweiterten, ihre Brunnen, Bäder und Herbergen vermehrten und mit ihrer Kunst den Glanz der Architektur neu belebten. Zugleich fanden bedeutende Gelehrte und Staatsmänner den Weg nach Fès, übernahmen hohe Ämter und hinterließen Spuren in Regierung, Wissenschaft und Kunst. Durch sie verbreiteten sich neue Sitten in Küche und Kleidung, in Festkultur, Künsten und Literatur - unter ihnen auch den andalusischen Klang, der fortan in den alten Städten Marokkos erklang.

Doch die gewaltigste Welle der Einwanderung erfolgte nach dem Fall des Königreichs von Granada im Jahre 1492. In jenen dunklen Tagen verließen große Scharen muslimischer und jüdischer Familien ihre Heimat und flohen nach Marokko, insbesondere nach Tétouan und Fès.

Moschee al Andalus, Haupttor, Foto: Said Amimi Moschee al Andalus, Haupttor, Innenansicht, Foto: Said Amimi Moschee al Andalus, Innenansicht, Foto: Said Amimi

Moschee al Andalus, Das Haupttor, Foto: Said AmimiSobald von Adwat al-Andalus die Rede ist, erhebt sich in den Gedanken sogleich das Bild ihrer größten Zierde: der Großen Moschee von al-Andalus, die in vielem ihrer Zwillingsschwester gleicht, der Qarawiyyin-Moschee. Beide vereinen sich in ihrer Znata-Minarettenform, wenngleich der Turm von al-Andalus niedriger ragt als der des Qarawiyyin-Heiligtums.

Der Überlieferung nach, sind die Erbauerinnen der Moscheen al-Qarawiyyin und al-Andalus, Fatima al Fihriya und ihre Schwester Maryam al-Fihriya, die mit ihrer Familie aus Qairawan nach Fès ca. 860 kamen.

Al-Andalus-Moschee erfuhr im Laufe der Herrschaftsdynastien von Fès zahlreiche Erweiterungen und bauliche Veränderungen, sodass kaum mehr Spuren ihres ursprünglichen Entstehens zu erkennen sind. Auch die Andalusier trugen zur Vergrößerung und Verschönerung dieser Moschee bei, auf dass sie nicht nur ein bedeutendes Zentrum des Wissens werde, sondern auch dem Glanz der Qarawiyyin-Moschee ebenbürtig sei. So entwickelte sich hier eine rege wissenschaftliche Tätigkeit, und die erlesensten Gelehrten der Stadt trugen ihre Lehren in ihren Hallen vor.

Wie bei allen großen Moscheen der islamischen Welt bildete sich rings um sie ein geschäftiges Handelsleben. Am Fuße der Moschee entstand ein Markt, der bis heute Bestand hat. Ein besonderes Merkmal, das Adwat al-Andalus von der Adwat Qarawiyyin unterschied, war ihr florierendes Zentrum der Töpferkunst, wo Gefäße und Keramiken aller Art gefertigt wurden. Ein ganzer Stadtteil verdankt dieser Handwerkskunst seinen Namen: „al-Fakḫarin“ - das Viertel der Töpfer. In Adwat al-Qarawiyyin hingegen gab es lediglich eine Straße, in der jene Waren verkauft wurden, die im Töpferbezirk der im Andalusischen Viertel hergestellt wurden.

Die al-Andalus-Moschee, die - ebenso wie ihr berühmtes Gegenstück, die Qarawiyyin-Moschee - als Zentrum des Wissens und geistigen Austauschs galt, gewann im Laufe der Zeit an Bedeutung und überstrahlte schließlich die erste Moschee, Jamaa al-Aschyach, von Fès. Jamaa al-Aschyach wurde im Jahr 808 unter der Herrschaft von Idris I. errichtet und liegt nordöstlich der al-Andalus-Moschee. Sie ist unter mehreren Namen bekannt: Jamaa al-Aschyakh („Moschee der Häuptlinge“), Jamaa al-Anwar („Moschee des Lichts“) und Jamaa al-Amgharat, wobei „Amghar“ aus der Berbersprache ebenfalls „Fürsten“ bedeutet. Jamaa al-Aschyach diente einst als Hauptpredigtstätte der Idrisiden. Doch im Jahr 933 verlegten die Fatimiden die Kanzelpredigt auf die al-Andalus-Moschee. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auf der anderen Flussseite: Das Predigtamt der ersten Moschee von Adwat al-Lamteyen, der Jamaa al-Achraf, wurde an die Qarawiyyin-Moschee übertragen.

Dies führte zum allmählichen Bedeutungsverlust von Jamaa al-Aschyakh, der schließlich in Vergessenheit geriet. Heute sind von ihrer einstigen Größe nur noch verfallene Mauern geblieben, über die lediglich eine Tafel mit einem kurzen Vermerk seiner ruhmreichen Vergangenheit wacht.

Die al-Andalus-Moschee besaß eine wissenschaftliche Bedeutung, die der ihrer berühmten Schwester, der Qarawiyyin-Moschee, durchaus ebenbürtig war. Drei angesehene Lehranstalten standen, die der glanzvollen Merinidenzeit entstammen.

Student der Medersa, Foto: Eberhard Hahne

Nicht weit von der Moschee al-Andalus erhebt sich eine ehrwürdige Schule, bekannt als Madrassat as-Sabʿiyyīn. Ihr Name leitet sich von jenen Schülern ab, die sich dem Studium und der Bewahrung der sieben großen Koranlesarten widmeten. Diese Lehranstalt trug im Wandel der Zeiten verschiedene Namen, wie Madrassat al-Assatiḏ (die Schule der Lehrmeister) oder aṣ-Ṣughra (die Kleinere Schule). Obgleich diese Schule von bescheidener Größe und schlichter Bauweise ist, erlangte ihr Ruhm weite Verbreitung, denn sie war die einzige Lehranstalt in ganz Fès, die sich ausschließlich dem Studium und der Wissenschaft der Koranlesarten widmete - einer Disziplin, die nicht nur die korrekte Rezitation lehrt, sondern auch als Schlüssel zum tieferen Verständnis des heiligen Buches gilt.

Ihr Name wird auch mit dem andalusischen Philosophen und Sufi-Mystiker Abd al-Ḥaqq Ibn Sabʿin (1217–1269) in Verbindung gebracht, der die fruchtbarste Phase seines spirituellen Lebens in Marokko verbrachte. In dieser Zeit verfasste er den Großteil seiner Schriften. Man sagt, er habe einst dort gelebt, in einem Haus, das später unter Abu l-Ḥasan al-Marini im Jahr 1321 in eine Schule umgewandelt wurde. Ibn Sabʿīn, ein Zeitgenosse von Muḥyi d-Din Ibn Arabi und gebürtig aus Murcia, wurde insbesondere durch seine Abhandlung al-Massaʾil aṣ-Siqilliya (Die sizilianischen Fragen) berühmt. Dieses Werk enthält seine Antworten auf Fragen, die Kaiser Friedrich II. von Sizilien, deutscher Herkunft und Herrscher des staufischen Reiches, dem almohadischen Kalifat stellte. Die Philosophie und das Gedankengut Ibn Sabʿīns fanden in jener Zeit auch in Europa Verbreitung. Papst Honorius III. äußerte über ihn: „Unter den Muslimen gibt es heute keinen, der Gott besser erkennt als Ibn Sabʿīn.“ Der Philosoph selbst nannte sich Ibn Dar‘a, wobei Dar‘a in der Zahlenmystik des Rechnens dem Buchstaben Ayn (ع) entspricht, der wiederum dem Zahlenwert 70 gleichgesetzt wird.

Madrassat Ben Youssef in Marrakesch, Foto: Wolfgang auf Wikimedia

Madrassat Sahrij in Fès (Bild vor der Restaurierung), Foto: Chris Martin auf WikimediaUnweit dieser ehrwürdigen Stätte erhebt sich eine weitere Schule, die ebenfalls im selben Jahr und unter der Herrschaft von Abu al-Ḥassan al-Marini gegründet wurde: die Madrassat aṣ-Ṣahrij. Ihren Namen verdankt sie einem kunstvoll gestalteten Wasserbecken, das ihren Innenhof ziert. Eine alte Überlieferung berichtet, dass sich einst in dieser Schule ein kunstvoller Marmorbecken befand, der aus einem einzigen massiven Block gestaltet wurde, ein Merkmal, das sie nur mit der berühmten Madrassat Ben-Youssef in Marrakesch teilt. Madrassat aṣ-Ṣahrij gehört zu den vollendeten Meisterwerken der merinidischen Baukunst, in denen sich die Kunstfertigkeit der maurischen Baumeister auf höchste Weise offenbart: Fein ziselierte Stuckarbeiten schmücken ihre Mauern, bunte Zellij entfalten sich in mustergültiger Harmonie, kunstvolle Schnitzereien zieren Holz und Marmor. Ihre Wände und Säulen sind mit Inschriften geschmückt, die in verschiedenen Kalligrafie-Stilen kunstvoll verewigt wurden. Eine wahrlich seltene Zierde, durchdrungen von der Schönheit, Präzision und feinen Handwerkskunst, die ihr die marokkanischen Baumeister verliehen. Errichtet wurde sie als Unterkunft für jene Schüler, die an der al-Andalus-Moschee studierten - ein Zeugnis für die große Fürsorge der Meriniden-Dynastie, die, um den Studierenden einen würdigen Rahmen des Lernens zu gewähren, zahlreiche Lehranstalten in den Städten des Reiches errichten ließ.

Verlässt man die Gasse al-Yasmina, so gelangt man an den Abhang westlich der al-Andalus-Moschee, wo sich, unweit der beiden Schulen, eine weitere Stätte erhebt. Ursprünglich war sie eine Madrassa, ein Ort des Studiums und zugleich eine Wohnstätte für die Schüler der al-Andalus-Moschee. Sie entstammt ebenfalls der Epoche der Meriniden und wurde unter der Herrschaft Abu Saʿid ʿUthman al-Marini (1276-1331) errichtet. Doch in späteren Jahrhunderten ließ Sultan Ismail ibn Mohammed al-Alaoui sie samt ihrer Moschee niederreißen und an derselben Stelle ein neues Gotteshaus errichten. Dr. Abd al-Hadi at-Tazi berichtet in seinem Werke al-Qarawiyyin, dass Sultan Ismail sich zu diesem Schritt entschloss, nachdem dort Verbrechen und sittliche Verfehlungen ans Licht gekommen waren, die mit dem ehrwürdigen Geiste einer Lehrstätte unvereinbar schienen. Von diesem Umstand rührt wohl ihr Name al-Wad her, denn ein Wasserlauf strömte einst durch ihre Mitte.

Moschee al Andalus, Seitentor, Foto: Said Amimi Moschee al Andalus, Seitentor, Foto: Said Amimi Moschee al Andalus, Seitentor, Foto: Said Amimi

Rechts von diesem Ort und am Ende der Straße, die der Gasse al-Yasmina gegenüberliegt und zum Viertel al-Maṣmuda führt, befindet sich eine schlichte Moschee, die über ein Znata-Minarett verfügt, gleichsam wie das der al-Andalus-Moschee, jedoch ohne jegliche Zierde. Diese Moschee trägt den Namen eines der größten Gelehrten von Fès und des gesamten islamischen Reiches: des Rechtsgelehrten und Bewahrers der Tradition, Abu Maimuna al-Darras ibn Ismail al-Fassi, der im vierten Jahrhundert der islamischen Ära, dem zehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, lebte. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof L-Qbeb (Kuppeln), jenseits der Mauern von Adwat al-Andalus. Er erhielt den Beinamen Abu Maimuna al-Darras (der Dauerstudierende) aufgrund seiner unermüdlichen Hingabe an das Studium der Wissenschaften. Der Name al-Darras ist untrennbar mit den großen Anstrengungen verbunden, die er unternahm, um die malikitische Rechtsschule im Maghreb zu verbreiten. Vor ihm waren die Maghrebiner weitgehend der hanafitischen Rechtsschule zugetan. Es gilt als seine herausragende Leistung, dass er die Moudawana (Gesetzbuch) des vom tunesischen Imam Sahnun in der malikitischen Rechtsprechung in die Stadt Fès einführte.

Moschee al Andalus, Innenansicht, Foto: Said Amimi

Moschee al Andalus, Innenansicht, Foto: Said AmimiNicht weit von Cinema al-Malakiya, liegt das Grab von Abu al-Hassan Ali. Es ist ein Zufluchtsort für Frauen, denen der Mittwoch gewidmet war, um das Grab zu besuchen. In den Herbstmonaten fand eine Feier zu Ehren dieses Heiligen statt, bevor sein Grab von Wohngebäuden und Geschäften umgeben wurde. An diesem Fest nahmen die Stämme mit ihren Pferden und ihren fröhlichen Gesängen teil. Er gilt im Übrigen als der Schutzpatron der Friseure (Hajjama). An diesem Ort wurden die Kinder der Armen und Bedürftigen aus der Stadt sowie der umliegenden Dörfer von den Friseuren der Stadt beschnitten - eine Handlung der Solidarität und sozialen Unterstützung, die von den Friseuren, die einst als Ärzte und Gesundheitshelfer im Viertel agierten, vollzogen wurde. Diese Tradition besteht bis heute fort und wurde von den lokalen Behörden übernommen.

In einer Entfernung von etwa 500 Metern vom Haupttor der Moschee von al-Andalus, in der Abwärtsrichtung hin zum Bogenbrückenbach, der die beiden Städte trennt, begegnen wir dem Grab eines der bedeutendsten Gelehrten von Fès und der islamischen Welt, den Rechtsgelehrten, Hadithforscher und Historiker Mohammed ibn Jaʿfar al-Kettani (1857-1927), der in den Osten reiste, um auch von den Gelehrten dieser Länder zu lernen.

Nachdem Sultan Mulay Abd al-Aziz abgesetzt wurde und sein Bruder, Sultan Mulay Ḥafid, die Macht übernahm, kehrte er nach Marokko zurück. Doch die politischen Verhältnisse waren weiter instabil, sodass er wieder in den Osten zurückkehrte und sich in al-Madina (Saoudi-Arabien) niederließ, wo er eine wissenschaftliche Bewegung in den beiden Heiligen Städten ins Leben rief. Dort studierte er die islamische Rechtswissenschaft nach den vier sunnitischen Rechtsschulen. Aufgrund seines umfassenden Wissens wurde er von den Gelehrten vieler islamischer Länder hochgeschätzt. In seine (mehr als 20 Werke) befasst er sich mit Geschichte, Rechtswissenschaft, Hadith und juristischen Novellen. Nach seiner Rückkehr aus dem Osten fanden seine wissenschaftlichen Sitzungen kaum ihresgleichen in der Quaraouiyine-Moschee, die in sämtlichen Disziplinen, in denen er lehrte, große Beachtung fanden. Sechs Monate nach seiner Rückkehr aus dem Osten starb er

Auch wenn Adwat al-Andalus nie die gleiche Berühmtheit und Stellung wie Adwat al-Qarawiyyin erlangte, die von den meisten der marokkanischen Herrscher mehr Beachtung fand, so bleibt die Adwat al-Andalus doch ein bedeutendes Zeugnis einer epochemachenden Zeit in der Geschichte - nicht nur der islamischen, sondern der gesamten menschlichen und kulturellen Geschichte. Es war eine religiöse und kulturelle Erfahrung, die über ein Jahrtausend währte.

Über den Autor Idriss Al-jay
Übersetzung aus dem Arabischen

 

 

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(*1) Adwa: Das Wort "Adwa" bzw. "Adwat" (العدوة) stammt aus dem Arabischen und bedeutet wörtlich „das Ufer“ oder „die gegenüberliegende Seite eines Flusses“. Es wird oft im geografischen oder städtischen Kontext verwendet, um eine bestimmte Gegend oder ein Stadtviertel zu bezeichnen, das sich an einem Flussufer oder gegenüber einer anderen Siedlung befindet. Im Fall von "Adwat al-Andalus" in Fès (Marokko) bezieht sich der Name auf das Stadtviertel, das am Ufer des Oued Fès liegt und historisch von andalusischen Flüchtlingen bewohnt wurde. Es stand gegenüber einem anderen Viertel namens "Adwat al-Qarawiyyin", das um die berühmte Qarawiyyin-Moschee entstand. Der Name zeigt also die geografische Trennung dieser beiden historischen Viertel der Stadt.

(*2) ar-Rabd (الربض) bedeutet im Kontext von Al-Andalus eine Vorstadt oder ein Außenviertel einer Stadt. Es bezeichnete meist Stadtteile, die außerhalb der Hauptmauern lagen und oft von Handwerkern, Händlern oder der einfachen Bevölkerung bewohnt wurden. In Cordoba war der ar-Rabd von Córdoba (ربض قرطبة) ein bedeutendes Viertel außerhalb der Stadtmauern, das besonders im 9. Jahrhundert bekannt wurde. Es war ein Zentrum des städtischen Lebens, in dem viele Handwerker, Händler und einfache Bürger lebten. Eine der bekanntesten Episoden in der Geschichte des ar-Rabd von Córdoba war der Aufstand von 818, als es zu einer Revolte gegen das Umayyaden-Emirat kam. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen, und große Teile des Viertels wurden zerstört. Viele Einwohner wurden hingerichtet oder ins Exil geschickt, einige von ihnen flohen nach Nordafrika und gründeten später neue Gemeinschaften, unter anderem in Fès, wo das Viertel Adwat al-Andalus entstand. ar-Rabd von Córdoba steht symbolisch für die soziale Dynamik und Spannungen innerhalb von Al-Andalus und zeigt die enge Verbindung zwischen den andalusischen Städten und den späteren Exilgemeinschaften in Nordafrika.

(*3) Guadalquivir (spanisch: Río Guadalquivir) ist der bedeutendste Fluss im Süden Spaniens und einer der wichtigsten Wasserwege der iberischen Geschichte. Sein Name stammt aus dem Arabischen "al-Wādī al-Kabīr" (الوادي الكبير), was "der große Fluss" bedeutet. Der Guadalquivir ist mit etwa 657 km der längste schiffbare Fluss Spaniens. Er durchfließt Städte wie Córdoba und Sevilla und bewässert eine der fruchtbarsten Ebenen Spaniens, die landwirtschaftlich intensiv genutzt wird. Der Guadalquivir ist nicht nur eine geografische Konstante, sondern auch ein Symbol für die kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit Al-Andalus. Seine Ufer waren Schauplatz großer historischer Ereignisse, und sein Name bewahrt bis heute das arabische Erbe Spaniens.