Zimt auf deiner Haut - Kapitel 5: DIE DREI NEINS
Kapitel 5: DIE DREI NEINS
Chérif El-Raisulis Konferenzteilnehmer kamen überwiegend per Hubschrauber aus Rabat und Casablanca angeflogen. Die Landestelle mit dem überdimensionalen, von oben aber gut erkennbaren weißen „H“ war nur wenige hundert Meter von der Burg entfernt, auf einem Rasenplatz so groß wie ein Fußballplatz. So konnte das Aufwirbeln des Sandes vermieden werden.
Nachmittags um vierzehn Uhr begrüßte Chérif El-Raisuli seine Gäste im Konferenzzimmer. Es waren sehr hochgestellte und einflussreiche Politiker oder Aktivisten, vier aus Israel und je zwei aus Ägypten, Saudi-Arabien, Oman, Katar, Iran, Irak, Libyen, Syrien, Libanon und Palästina. Der König von Marokko hatte die Durchführung dieser streng geheimen Konferenz durch Chérif El-Raisuli genehmigt und zugestimmt, dass alle Teilnehmer sich inoffiziell in Marokko aufhalten dürften.
1. Konferenztag
»Meine Herren, ich begrüße Sie hier in meinen einfachen Gemäuern. Diese Mauern werden nichts, aber auch gar nichts von dem preisgeben, was wir während dieser Konferenz besprechen und – wie ich hoffe – auch entscheiden werden. Ich bitte daher um Verständnis, dass – wie besprochen – die gesamte Burg mit Störsendern versehen wurde, damit kein Telefonat oder Funkspruch abgesetzt werden kann. Sie alle hatten diesen Vorsichtsmaßnahmen zugestimmt. Auch bitte ich um Verständnis, dass die mitgebrachten Bussarde unserer saudi-arabischen Freunde in die Obhut meiner Tierpfleger gegeben werden. Es wäre sehr schade, würden diese Tiere abgeschossen werden.«
Natürlich hatten alle Teilnehmer verstanden, dass auch diese Möglichkeit des Sendens einer Nachricht nicht mehr möglich war.
Chérif El-Raisuli stand an der breiten Seite des Tisches, mit dem Rücken zum Fenster. Die Sonne schien hinein, und seine ihm gegenüber sitzenden Gäste sahen ihn geblendet wie im Schein einer Aureole. Er holte erneut tief Luft.
»Lösen wir uns in diesen Tagen von jeglichen Empfindungen zu unseren eigenen Nationalitäten und Religionen. Nur dann, aber auch nur dann haben wir eine Chance, dem von uns anvisierten Ziel näher zu kommen. Das Nein zur Anerkennung Israels, das Nein zum Frieden mit Israel und das Nein zu Verhandlungen mit Israel, diese drei Neins, das Tripel-Veto der arabischen Gipfelkonferenz in Khartum im Jahr 1967 hat unseren allen Ländern nur Tod, Elend und Not gebracht. Der ganze Nahe Osten ist instabil, politisch wie wirtschaftlich. Seit noch viel früher, seit dem „Fatah-Tag“ am 1. Januar 1965, mit diesem Tag des organisierten bewaffneten Kampfes gegen Israel haben wir die Zeichen einer dauerhaften Destabilisierung gesetzt.«
Chérif El-Raisuli setzte sich und ließ seine Worte wirken. Seine geistige Anspannung war nicht zu übersehen. Sie ging auf die übrigen Teilnehmer über und alle waren sich des Problems voll bewusst. Es war diese unüberwindliche Versagung der Anerkennung einer Verbindung zwischen nationaler und religiöser Identität des Staates Israel, die eine Zwei-Staaten-Lösung nicht zuließ. Aktionen wie die 1993 von Jassir Arafat verkündete Anerkennung des Existenzrechts Israels vermögen daran nichts zu ändern. Eine „völlige Normalisierung“, wie sie anschließend von Saudi-Arabien anlässlich des Gipfels der Arabischen Liga in Beirut initiativ gefordert wurde, wäre ein erster Schritt hin zu einer Lösung, würde man die unterschiedlichen insbesondere wirtschaftlichen Interessen der zwei großen Lager, Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien einerseits sowie Syrien und Libanon andererseits außer Betracht lassen. Gerade Syrien und Libanon hätten arge Probleme, würde der beide Staaten einigende Feind Israel wegfallen und stattdessen die Rolle eines Garanten für die innere Stabilität einnehmen.
Einer der Delegierten Israels stand auf und beendete damit die Reflexion. Seine Stimme klang versöhnlich.
»Meine Herren, lassen Sie mich auf die Anfänge, die uns hier interessieren, eingehen. Vielleicht finden wir einen realistischen, einen gemeinsamen Punkt, an dem wir anknüpfen könnten. Palästina gibt es seit dem 2. Jahrhundert und seitdem ist dieses Gebiet ein Zankapfel. Erst 1947 beschlossen die Vereinten Nationen die Teilung des damals britischen Mandatsgebietes in einen arabischen und einen jüdischen Staat. Hätten alle arabischen Staaten damals die Teilung anerkannt, würden heute im Libanon und in Palästina wirtschaftlich paradiesische Verhältnisse herrschen. Die Staatsgründung Israels wurde aber seitens der arabischen Staaten mit Krieg beantwortet. Die erste palästinensische Regierung – erlauben Sie mir, diese als noch in der Gründung befindliche zu bezeichnen – beanspruchte aber das gesamte Gebiet. Mangels internationaler Anerkennung dieser ersten Regierung beschlossen die Vereinten Nationen das unabdingbare Rückkehrrecht für alle palästinensischen Flüchtlinge in ihre Ursprungsdörfer im neugegründeten Israel. Und seitdem haben wir das ungelöste Problem der Flüchtlinge.«
»Der Ansatz ist gut!«, sagte der Vertreter Ägyptens. »Auch wir haben zu dieser Zeit Fehler gemacht, denken Sie nur an die Verstaatlichung des Suezkanals. Damit aber nicht genug: Elf Jahre später sperrten wir den Golf von Akaba für den Schiffsverkehr von und nach Israel und vereinten in unbegrenzter, ja vielleicht blinder Kampfeslust unsere Glaubensbrüder aus Jordanien und Syrien entlang der Grenze zu Israel. Die kriegerischen Auseinansetzungen dauerten zwar nur sechs Tage, die Ihnen alle bekannten Folgen wirken aber noch heute. Eine erste offizielle Anerkennung einer palästinensischen Vertretung hatten wir dann 1974 anlässlich der arabischen Gipfelkonferenz in der Hauptstadt Ihres schönes Landes, Chérif El-Raisuli, und durch die anschließende Anerkennung eines Beobachterstatus der Palästinensischen Befreiungsorganisation durch die Vereinten Nationen.«
Chérif El-Raisuli begrüßte den historischen, die wesentlichen Fakten in Erinnerung bringenden Rückblick und schlug vor, den Konferenztag mit dem bislang erreichten Pensum zu beenden. Morgen möge der Tag des Vortrages der Lösungsvorschläge sein.
An dem Abend blieb es in der Burg still. Die Konferenzteilnehmer hatten alle Hände voll zu tun, denn jeder hatte seinen Vortrag zu aktualisieren. Jeder wollte vortragen. Sie arbeiteten bis tief in die Nacht hinein, ihre Diener hatten ihnen das Abendmahl direkt serviert.
Chérif El-Raisuli klopfte an Karimas Tür und ging ohne abzuwarten hinein. Karima sprang vom Bett auf und legte sich in seine offenen Arme. Sie seufzte und sah ihn an.
»Sie sind müde, Khaled, sehr müde.«
»Der heutige Tag reicht. Ich werde gleich noch arbeiten müssen. Ich wollte Sie nur sehen und Ihnen eine gute Nacht wünschen, Karima. Haben Sie einen schönen Tag gehabt? Fehlt Ihnen etwas?«
»Ja, Khaled, Sie! Können Sie noch bleiben?«
»Nein, mein Engel! Ich muss jetzt gehen.«
»Khaled, ich habe noch zwei Fragen. Darf ich Ihnen diese jetzt stellen? Es ist wichtig für mich, denn die Nacht ist lang und zu lang, um ohne Antworten bleiben zu können.«
»Stellen Sie mir die Fragen, Karima, ich werde sie beantworten.«
»Warum nennt man Sie hier Mahdi?«
»All die vielen Leute, denen ich hier Arbeit und Wohlergehen gebe, denen von mir eine medizinische Versorgung garantiert wird und die zu mir kommen, um Streitigkeiten zu klären, all diese Menschen erachten meine Meinung und meine Stimme als die des von Gott Rechtgeleiteten. Und nun zu Ihrer zweiten Frage, Karima.«
»Wo ist Ihre Frau? Ich möchte sie sehen!« Chérif El-Raisuli zuckte zusammen, hatte er doch diese Frage nicht erwartet. Noch viel mehr irritierte ihn aber die von Karima unmissverständliche Forderung, seine Frau sehen zu wollen.
»Karima, was wäre die Konsequenz, was würde aus den uns verbindenden Gefühlen, kämen Sie mit meiner Frau zusammen?«
»Khaled, unsere Beziehung ist jung. Sie kann aber nur dann alt werden, wenn sich ihr nichts in den Weg stellt. Unsere Beziehung kann nur dann leben, wenn wir sie offen und ehrlich, im Einklang mit unserer religiösen Überzeugung eingehen.«
Hatte er sie richtig verstanden? Bedeuteten ihre Worte, dass sie an seiner Seite leben würde und eine Entscheidung, sie oder seine Frau, herbeiführen wollte?
»Kommen Sie, Karima. Kommen Sie, wir gehen zu meiner Frau« waren die Worte, die Karima eigentlich nicht hören wollte, würden sie doch das Ende dieser Liebe bedeuten können. Ihre Gedanken kreisten nur noch um diese Worte.
Chérif El-Raisuli führte Karima quer durch die Burg bis zum äußersten hinteren Ende. Er ließ durch seine Wächter eine Eisentür öffnen und führte Karima aus der Burg hinaus. Vor ihnen lag ein kleiner dichter Wald, Eukalyptus- und Arganölbäume drängten sich sehr dicht aneinander. Plötzlich blieb Karima wie angewurzelt stehen, sie glaubte, ihren Augen nicht trauen zu können. Sie stand vor dem riesigen Mausoleum von Fariduddin Attar. Sie war verwirrt, hatte sie doch noch vor fast zwei Jahren anlässlich einer Studienreise in den Iran das bekannte Werk dort besichtigt.
»Wie kommt das ganze Mausoleum aus Nischapur hierher?«, fragte sie.
»Es ist eine exakte Kopie, eins zu eins, Stein für Stein wurde nachgemacht. Jedes Mosaikbild gleicht in Größe und Farbe dem Original.«
»Khaled, führen Sie mich bitte jetzt zu Ihrer Frau.«
Die Wächter öffneten die gewaltigen Türflügel und sie betraten den Innenraum. Nur das von der offenen Tür eindringende Licht leuchtete den Raum aus. In der Mitte stand ein Sarkophag, wie ihn Karima noch nie gesehen hatte. Kein Prunkdetail hätte hier noch überboten werden können.
»Hier liegt meine Frau! Hier liegt sie seit einem Vierteljahrhundert, und fünf Jahre davor lag sie in einem Mausoleum in der Nähe von Gourrama. Sie war Iranerin und ist bei der Geburt unseres Sohnes Sharif gestorben. Ich hatte sie am Mausoleum in Nischapur kennen gelernt. Dort hatte ich sie das erste Mal gesehen und angesprochen. Und deshalb steht dieses Mausoleum hier. Wir waren damals beide zwanzig Jahre alt. Nach nur zwei Monaten heirateten wir, nach weiteren neun Monaten gebar sie unseren Sohn.«
Schweigend kehrten beide bis zu Karimas Bereich zurück. Schweigend nahm er sie in die Arme, drückte sie behutsam an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Schweigend betrat sie ihren Bereich.
2. Konferenztag
Die ersten vier Vorträge und zahlreiche Wortbeiträge dazu zeigten den allgemeinen Willen zur Erarbeitung von Lösungsansätzen für die Beilegung des Nahostkonfliktes. Sehr deutlich artikulierten sich die Teilnehmer, noch deutlicher erklang die Forderung nach pragmatischen Lösungen. Der Kreis teilte sich in zwei Gruppen. Jede Gruppe sollte am späten Abend ihr auf eine konkrete und brauchbare Lösung ausgerichtetes Arbeitsergebnis vorstellen: Welche konkreten Maßnahmen sind zu initiieren und durchzuführen, welche Umsetzungshindernisse können auftreten und mit welchen Kontrollmechanismen sollen die Schritte bis zur Zielerreichung begleitet werden?
Am Nachmittag trafen sich die Delegierten von Saudi-Arabien und Ägypten zufällig im Garten, das Thermometer zeigte noch 43° C an. Sie begaben sich in das große Zelt und ließen sich Pfefferminztee reichen. Vorsichtig tasteten sie sich im Gespräch vor, konnten nach knapp einer Stunde überwiegend gemeinsame Auffassungen feststellen und vereinbarten, bis zum Abend einen Alternativvorschlag auszuformulieren. Sie waren sich darüber im Klaren, dass im Falle eines Bekanntwerdens des Inhalts ihres Alternativpapiers dieses für sie sehr gefährlich, wenn nicht sogar tödlich sein könnte.
Chérif El-Raisuli eröffnete erneut die Sitzung und bat um eine Entscheidung, ob ein von Saudi-Arabien und Ägypten ausgearbeitetes Konzept vorweggenommen und erörtert werden könne. Er halte einen bilateral ausgearbeiteten Vorschlag für interessant und möglicherweise sehr weiterführend. Er wusste, dass die Delegierten ihm als Gastgeber aus Gründen der Höflichkeit die Zustimmung nicht verweigern würden. Er erteilte dem Sprecher der Untergruppe das Wort.
»Meine Herren, zuviel intelligentes Blabla hat die Weltpolitik zu dem Thema verloren, das uns hier beschäftigt. Es wird stets um den Brei herumgeredet, statt das Kind beim vollen Namen zu nennen. Ich will versuchen, Ihnen mit klaren Worten zu erläutern, wie wir beginnen könnten, den Konflikt zu lösen. Stellen wir uns vor: Die Palästinenser erfahren einen kolossalen wirtschaftlichen Aufschwung. Alle, aber insbesondere die jüngere Generation erhält Arbeit, partizipiert am Aufschwung, erhält konkrete Zukunftsperspektiven, gründet Familien und lebt in Sicherheit in ihrem florierenden Land Palästina. Stellen wir uns vor: Wirtschaftliche Beziehungen nicht nur zu Israel, sondern zu allen anderen Anrainerstaaten lassen die gesamte Region aufblühen. Ist das nicht der Traum aller Palästinenser? Ist das nicht letztlich das Ziel, was ein jeder junger Palästinenser sich auch vom Glauben her wünscht: Eine Frau zu heiraten, Kinder zu bekommen, für sich und seine Kinder Bildungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen zu können und für seine Kinder Garant einer friedlichen Zukunft zu sein?
Wenn nun ein politischer Druck aller an dem Konflikt partizipierenden Staaten auf sich selbst und auf die übrigen arabischen und afrikanischen Staaten zu einem Stillstand aller bewaffneten Auseinandersetzungen führt, eine Wirtschaftshilfe von mehreren hundert Milliarden Euro den Aufbau des zerstörten Palästina und für alle Palästinenser eine Zukunftsperspektive sicherstellt, dann – meine Herren – hätten wir den Konflikt anfänglich gelöst.
Meine Herren, es ist nicht unmöglich, politisch dieses Unterfangen umzusetzen. Es ist auch nicht unmöglich, den Frieden in der Region und den Aufbau Palästinas finanziell zu meistern. Es ist auch nicht unmöglich, die Palästinenser und übrigen Araber von diesem für Palästina zukunftsorientierten Neuanfang zu überzeugen. Nur eines erscheint nicht möglich!«
Der Sprecher der Untergruppe setzte sich. Er war überzeugt, dass das abrupte Ende seines Vortrages das Interesse, die Neugier und auch die Wachsamkeit seiner Zuhörer bis aufs Äußerste sensibilisierte. Er hatte absichtlich keinen Hinweis auf das gegeben, was „nicht möglich erscheint“. Mit dieser von ihm einstudierten Vortragstaktik verzeichnete er bislang in all seinen Besprechungen und Konferenzen überwiegend Erfolge. Er spürte die stark zunehmende Ungeduld seiner Zuhörer, deren Verlangen nach einer Fortsetzung seines Vortrages.
Er sah Chérif El-Raisuli an. Dessen kaum wahrnehmbares Nicken nahm er erleichtert auf und schwelgte in der komfortablen Gewissheit, in voller Harmonie mit den Gedanken und der Auffassung des Gastgebers zu sein. Aber woher wusste Chérif El-Raisuli, was er weiter ausführen wollte? Seine Achtung vor diesem Mann wuchs ins Grenzenlose. Selbstsicher führte er fort:
»Meine Herren, nur eine Kraft, eine Macht würde sich einer Lösung entgegenstellen, und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Ergo: Stehen dieser Kraft, dieser Macht keine Mittel zur Verfügung, dann könnte sie sich auch nicht mehr manifestieren. Diese Kraft, meine Herren, ist die religiöse Führung in Palästina und in einigen wenigen anderen Staaten. Diese religiösen Führungen, die auch das politische Zepter in die Hand genommen haben, üben unserer Jugend, unserer Zukunft gegenüber eine absolute und radikale Indoktrination aus, die zu Fanatismus und Verblendung, zu Irrationalität und Verderben führt.
Stellen wir uns vor, diese religiösen Kräfte würden politisch völlig entmachtet werden und auf die Aufgaben beschränkt werden, die wir in den Suren finden. Stellen wir uns vor, diese religiösen Mächte erkennen, dass sie in einer allgemeinen friedlichen und dem Gemeinwohl dienenden Gesellschaft ihre rein religiöse Einflussnahme endlich organisiert und strukturiert ausbauen könnten, stellen wir uns vor, dass ein Nebeneinander der Religionen akzeptiert und gelebt wird, somit wir abkehren von der Diffamation derjenigen, die nicht unserem Glauben folgen, stellen wir uns das einmal vor, meine Herren!«
Die Stille im Konferenzraum war unheimlich. Keiner der Teilnehmer rührte sich, keiner räusperte sich. Es war still, nur still. Es war wie eine Bombe, die eingeschlagen war, es war still wie die Angst nach einer Detonation. Es war ein Tabu, das soeben durchbrochen wurde. Es war einfach nur die schmerzliche Wahrheit, die bislang nicht wahrgenommen wurde und nun ausgesprochen im Raum nachklang.
»Entziehen wir der religiösen Macht deren Instrument zur Umsetzung der fanatischen und radikalen Ziele, geben wir diesem Instrument eine fundierte Perspektive, für die Gegenwart und die Zukunft, dann – meine Herren – haben wir den wichtigsten Schritt geschafft. Die politischen Anerkennungen und die Milliardenfinanzierung sind dagegen zu vernachlässigen. Das Instrument, meine sehr geehrten Herren, von dem ich sprach, ist, wie Sie alle verstanden haben, die dann unverblendete jugendliche Generation.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«
Chérif El-Raisuli wusste, dass es ein Fehler wäre, jetzt eine Diskussion zuzulassen. Seine Gäste ließen sich auch gerne davon überzeugen, dass für einen jeden eine eigene Reflexion über die Inhalte des Vortrages nötig sei. Sein Vorschlag, die Konferenz erst am nächsten Tag wieder beginnen zu lassen, wurde unisono begrüßt. Er begab sich in seinen Privatbereich, duschte und hörte auf dem Bett liegend den Bolero von Ravel. Erst spät in der Nacht wachte er wieder auf. Er machte sich frisch und streifte einen Kaftan über.
Als er vor Karimas Tür stand, zitterte er am ganzen Körper. Er ging leise hinein, ohne anzuklopfen. Sie schlief, nackt auf dem Bett. Er zog sich aus und legte sich voller Erwartung zu Karima.
3. Konferenztag
Das Memorandum formulierten sie gemeinsam. Es war ein schwieriges Unterfangen, die Wünsche nach Nuancierungen waren unendlich. Chérif El-Raisuli hatte aber vorgesorgt, die zwei Schreiber waren in der Sprache so gewandt, dass sie all den verbalisierten Findigkeiten durch ihre eigenen Formulierungsvorschläge entsprechen konnten. Die Denkschrift endete mit der Vereinbarung, in einer weiteren geheimen Konferenz die Wege und Mittel zur politischen Machtenthebung der religiösen Kräfte zu erörtern.
Kapitel 6: SHARIF
Karima konnte die An- und Abflüge der Hubschrauber aus aller Nähe beobachtet. Sie hielt sich draußen an der Burg auf und säuberte wie eine Archäologin einen dunklen Mauerstein mit einem Pinsel. Die Konferenzteilnehmer ignorierten sie. Chérif El-Raisuli verabschiedete jeden einzelnen Gast am Hubschrauber persönlich. Als der letzte Hubschrauber nur noch als schwarzer Punkt am Himmel zu sehen war, eilte er zu Karima. Seine Wächter sahen verstohlen weg.
Er redete kurz auf sie ein. Die Zeit schien ihnen unendlich lang, bis sie auf Karimas Bett lagen. Erst jetzt bemerkte sie, dass kein einziges Haar seinen Körper bedeckte. Er streichelte und küsste gleichzeitig ihren ganzen Körper so zärtlich, dass Karima glaubte, den Verstand zu verlieren. Sie schrie mehrmals laut auf und bettelte, sie endlich richtig zu nehmen. Chérif El-Raisuli tat es.
Am nächsten Tag liebten sie sich morgens, mittags und abends. Sie ließen sich alle denkbaren Köstlichkeiten in Karimas Bereich bringen, speisten und tranken, erzählten sich dabei ihre Lebensgeschichten, sprachen über die Dinge des Lebens und immer wieder über ihre Liebe. So erfuhr Karima, dass seine Eltern früh gestorben waren. Sein Vater sei einer der reichsten Marokkaner gewesen, hätte sich aber nie der Politik gewidmet. Seine Mutter sei für seinen Vater eine herzensgute Ehefrau und für ihn selbst eine sich aufopfernde Mutter gewesen. Sie habe ihren Mann nur ein Jahr überlebt. Auch sie sei von der bis heute unheilbaren Krankheit eingeholt worden. Sein Sohn Sharif wäre sein Lebenselixier gewesen, und er sei es noch heute. Er sei stolz auf seinen Sohn, ein Ebenbild von ihm selbst. Sie bat ihn, mehr über seinen Sohn zu erzählen. Chérif El-Raisuli küsste sie und flüsterte ihr ins Ohr, dass Sharif es ihr selbst erzählen könne, denn er sei auf dem Weg hierher und würde sich hier mindestens zwei Wochen aufhalten.
Karima erzählte von ihrer Jugend in Marrakesch, den vielen Auslandsreisen mit ihren Eltern und von ihrer Studienzeit in Köln. Auf seine Frage, ob sie denn nicht in Deutschland einen Mann kennen gelernt habe, antwortete sie zu seiner Zufriedenheit.
Es klopfte an der Tür. Der Generalsekretär sprach mit seinem Herrn sehr leise, zeigte sich aber sehr nervös. Chérif El-Raisuli hörte sehr aufmerksam zu und gab einige Anweisungen. Er drehte sich zu Karima und sah sie nachdenklich an.
»Was ist los?«, fragte sie beunruhigt.
»Es kommen gleich zwei Hubschrauber an. Ich habe viele Freunde in der amerikanischen Botschaft und einige dieser Freunde kommen mich besuchen.«
»Aber dann gleich mit zwei Hubschraubern?«
»Ja, ja. Es sind mehrere und sie bringen mir auch etwas mit. Karima, ich muss dir etwas sagen. Aber wenn ich dir das sage, dann bist du auf Gedeih und Verderb mit mir für die nächste Zeit unzertrennlich verbunden. Wenn du dich damit einverstanden erklären kannst, dann sage es mir. Sage mir aber auch, wenn du sofort nach Marrakesch zurück möchtest.«
»Kann ich denn mit dir bleiben? Werden wir zusammen sein? Du weißt, ich brauch dich und deine Liebe.«
»Karima, die Situation ist ernst, sehr ernst. Wenn ich dich jetzt informiere, dann gibt es keinen Weg zurück. Wenn du informiert bist, dann wirst du nicht mehr von meiner Seite gehen können. Dann bist du mein Schatten, und Schatten sind bekanntlich unzertrennlich.«
»Khaled, sage mir was los ist. Ich bin Dein und ich möchte Dein sein und Dein bleiben.«
Beide hatten nicht bemerkt, dass die Anspannung und Aufregung sie übermannt hatten. Beide hatten nicht bemerkt, dass sie sich duzten. Chérif El-Raisuli erzählte ihr, dass Fanatiker versuchen wollten, ihn und seine Familie umzubringen. Dies sei als Rache für das gedacht, was er mit der Konferenz zugelassen habe.
Sie begaben sich in das Kellergewölbe. Draußen waren die schweren Motoren der sich nähernden Hubschrauber schon zu hören. Karima war überrascht, denn vor ihr lag ein völlig ausgebauter Keller; von dem breiten Gang in der Mitte gingen unzählige Türen ab, die alle offen standen. Durch die Türöffnungen erkannte Karima, dass es sich um voll eingerichtete Arbeits- und Schlafzimmer handelte, die alle gleich möbliert waren. Nur ein kleines Fenster ließ Tageslicht und frische Luft hinein. Nach jeweils drei Türen kam ein großer Wasch- und Duschraum. Am Ende des langen Ganges versperrte eine dicke Stahltür den weiteren Blick. Rechts neben der Tür war ein elektronisches Türschloss. Die wuchtige Tür öffnete sich nach innen, nachdem Chérif El-Raisuli den Geheimcode eingegeben hatte. Dabei hatte er Karima gebeten, sich den Code zu merken.
Der Raum sah nicht anders aus als die Raumfahrtzentrale der NASA in Houston. An den Wänden standen auch offene Stahlschränke, in denen sauber geordnet Maschinenpistolen aufgehängt waren.
»Khaled, was bedeutet das hier alles? Was ist das hier? Wer bist du?«
»Karima, ich kann dir das jetzt nicht erklären. Dafür ist jetzt keine Zeit. Aber die Zeit der Erklärungen wird kommen! Beobachte, was hier im Keller passiert, und vieles wird dann von selbst verständlich. Nur so viel zu deiner Beruhigung. Dieses hier unten im Keller ist mit dem Geld des Königshauses gebaut und eingerichtet worden. Insofern ist alles legal und legitim, nichts ist dem Königshaus gegenüber verdeckt oder geheim.«
Karima hörte den Lärm der Stiefel der im Laufschritt heraneilenden Männer. Sie waren alle in Uniform, aber ohne jegliche Abzeichen. Nur einer von ihnen war in einem anthrazitfarbenen Anzug. Die Neuankömmlinge wunderten sich über die Präsenz von Karima. Chérif El-Raisuli erklärte, dass Karima wie er selbst behandelt werden möge. Von dieser Sekunde an war sie eine von ihnen.
Chérif El-Raisuli umarmte den in Zivil gekleideten Herrn; sie gaben sich Wangenküsse und schauten sich mit Freude in die Augen.
»Karima, komm! Ich möchte dir meinen Sohn Sharif vorstellen.«
Sharif und Karima begrüßten sich. Der Händedruck und die ausgetauschten Blicke zeigten, dass sie sich gefielen. Karimas Liebe zu Khaled war so groß, dass sie Sharif in ihre Gefühle mit einbezog. Er war ihr sympathisch, und offensichtlich sie ihm auch.
»Sharif, können Sie mir sagen, was hier los ist?«
»Karima, da Sie zu meinem Vater gehören und ihm gehören, darf ich Ihnen auch sagen, was hier los ist.«
Karima hatte sehr wohl die Worte „… und ihm gehören“ vernommen, hatte aber hiergegen nichts einzuwenden. Sie wollte ja Khaled gehören, ganz.
»Die in dem Memorandum niedergeschriebenen Ergebnisse der Konferenz wurden nicht geheim gehalten. Religiöse Machthaber haben sich sehr kurzfristig darauf geeinigt, die zu bestrafen, die deren Macht in Frage stellen. Sie haben sich geeinigt, noch zweiundsiebzig Stunden nach der Konferenz all die zu töten, die für die Konferenz verantwortlich sind, und das ist allein mein Vater. Und ich als sein Sohn wurde gleich als abschreckendes Beispiel mitverurteilt. Der amerikanische Geheimdienst hat durch einen Doppelagenten von dem Plan gehört und Hinweise auf die Personen erhalten, die den Anschlag auf uns durchführen sollen. Zwei der gedungenen Mörder sind Vollstrecker der Al-Qaida und sind in Ouarzazate gesehen worden. Daher haben die Amerikaner uns Hilfe angeboten. Ich selbst war schon auf dem Wege hierher, um meinen Routinebesuch abzustatten, ohne auch nur etwas von dem geahnt zu haben, was sich da draußen anbahnt. Alle Fahrzeuge meiner Familie haben einen GPS-Ortungssender und einen Peilsender der Amerikaner als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Mein Vater ist zwar hier in Marokko und insbesondere hier in einem Umkreis von dreihundert Kilometern sehr beliebt und geachtet, aber die große Politik draußen macht ja bekanntlich vor keinem Halt, auch nicht vor US-Präsidenten! Die Besatzungen der zwei Hubschrauber hatten mich zwischen Marrakesch und Ouarzazate ausfindig gemacht. Während eine Maschine in der Luft kreiste, landete die zweite Maschine und nahm mich auf. Deshalb bin ich mit unseren Freunden gekommen.«
Die Situation war ernst, sehr ernst, wie Karima über die Schultern der Uniformierten sehend selbst feststellte. In einem Radius von circa zwanzig Kilometern um die Burg herum waren die Landbewohner mit einem Sende- und Empfangsgerät ausgestattet worden. Sie standen alle in Lohn bei Chérif El-Raisuli und ehrten ihren Herren, Garant auch einer zusätzlichen medizinischen Versorgung. Jeder Landbewohner wurde aufgefordert, jedes Vorkommnis, jeden Fremden, jede Anomalie im täglichen Ablauf zu melden.
Die Nacht kündigte sich an, Karima saß mit Chérif El-Raisuli und Sharif beim Abendessen. Sie trug eine Khakihose und ein weißes Hemd, der Situation nur angepasst. Sie vergaß die Gefahr, die irgendwo da draußen lauerte. Sie schaute in die Gesichter zweier Männer, die ihr gefielen. Sie bat Sharif, von sich zu erzählen.
»Mein hier anwesender Vater, Gott möge ihn beschützen, war für mich der Inbegriff der Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Ich bin zwar ohne Mutter aufgewachsen, mein Vater hat aber immer versucht, diese Lücke zu schließen. Er war immer für mich da, hat mir immer zugehört und mich immer begleitet, wo immer ich auch hinwollte. Er hat meine Gedanken gelesen und mir die richtigen Wege gezeigt. Gott beschütze ihn!«
Chérif El-Raisuli schaute betroffen nach unten. Er wusste selbst nicht, ob er sich nicht ein wenig schämen musste, denn so viele Loberweisungen in Gegenwart von Karima kratzten an seiner Männlichkeit.
»Ich ging in Marrakesch zur Schule bis zum Abitur«, setzte Sharif seine Erzählung fort. »Mein Vater und ich hatten beschlossen, dass es für unsere Familie und unsere Zukunft hier in Gourrama von Vorteil wäre, wenn ich etwas lernen würde, was ich der Bevölkerung hier weitergeben könnte. Und so entschieden wir uns für ein Medizinstudium. Ich habe in Frankreich studiert und meinen Facharzt für innere Krankheiten gemacht. Auch habe ich dort promoviert. Als fertiger Internist bin ich dann für ein Jahr in die Staaten gegangen. Dort habe ich in der chirurgischen Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses gearbeitet. Meine Ärztekolleginnen und -kollegen und ich haben fünf Tage die Woche jeweils über zehn Stunden im OP gestanden. Der Andrang war so groß und die Unaufschiebbarkeit der Operationen so zwingend, dass uns nichts anderes übrig blieb. Nach jeder OP hatten wir nur eine halbe Stunde Pause. Ich habe dort viel gelernt, ja ich habe sehr viel gelernt. Ich habe täglich auch mehrmals mit dem Tod meiner mir anvertrauten Patienten gerungen, ich habe viele Kämpfe verloren. Wer die Zeit in einem amerikanischen Hospital in einer chirurgischen Abteilung überstanden hat, der kann von sich behaupten, dass er was kann. Und so wollte ich nun mein Wissen hier in Marokko verwerten und habe als Internist eine Praxis in Marrakesch aufgemacht. Regelmäßig komme ich aber auch hierher – wohl alle drei Wochen und fahre tagelang in die Berge, um den Menschen zu helfen. Die von mir hier behandelten Menschen zahlen keinen Cent. Sie sollen wissen, dass mein Vater einer von ihnen ist und sein Sohn nicht anders. Wir handeln so, und es kommt von Herzen. Wir wissen aber auch, dass uns die Menschen hier zum Dank verpflichtet sind. Und auf diese Dankbarkeit sind wir, mein Vater und ich, angewiesen.«
»Wieso sind Sie und Ihr Vater darauf angewiesen?«, fragte Karima begierig.
»Unsere derzeitige Situation zeigt das doch. Wir können uns dann da draußen frei bewegen, wenn wir die Bevölkerung auf unserer Seite wissen. Mein Vater und ich, wir sind reich, und wir leben auch so, wie man sieht. Die Bevölkerung da draußen hat Arbeit und ein Auskommen, aber sie ist nicht so reich. Und Begehrlichkeit ist ein Drang, der nicht zu kontrollieren ist. Deshalb bemühen wir uns, eine gesunde und überschaubare Abhängigkeit aufrechtzuerhalten.«
Karima hörte Sharif sehr aufmerksam zu. Sie musste kritisch seine Aussagen bewerten, denn sie ertappte sich dabei, wie sich Sharifs Schönheit in den Mittelpunkt ihres Interesses schob. Es waren nicht nur sein hübsches Gesicht und seine gepflegten Hände und auch nicht nur dieser muskulöse Körper, was sie beeindruckte. Sharif strahlte etwas ihr noch Unbekanntes aus.
Sie zog sich zurück und die beiden Männer schmiedeten noch lange den Plan für den Ablauf des nächsten Tages. Sie wollten zusammen mit vielen Wächtern Präsenz zeigen. Nichts wäre schädlicher gewesen, als der Bevölkerung einen Hauch von Angst vermuten zu lassen. Da die Uniformierten im Keller keine Neuigkeiten zu berichten hatten, sollte der Ausflug gewagt werden.
Chérif El-Raisuli holte Karima von ihrem Bereich ab. Er wollte, dass sie seinen Bereich mit ihm nachts teile. Sie hatte nur wieder den durchsichtigen weißen Kaftan an und sowohl sie als auch Chérif El-Raisuli wussten, dass es eine sehr heiße Nacht werden würde. Beide wollten es. Sie liebten sich wild.
Der Lagebericht am frühen Morgen war beruhigend. Mit drei Geländewagen fuhren sie hinaus, zwei weitere Fahrzeuge blieben in der Burg abfahrbereit, als unterstützende Hilfe für den Notfall.
Chérif El-Raisuli und Sharif fuhren von Ansiedlung zu Ansiedlung. Sie erklärten die Aufregung, ohne jedoch die Hintergründe zu erläutern. Man sagte ihnen uneingeschränkte Unterstützung zu. Sharif befragte die Anwesenden und vermerkte den Umfang der benötigten medizinischen Hilfe, die er ihnen in den nächsten Tagen zukommen lassen wollte. Die Medikamente bestellte er gleich per Handy bei einem befreundeten Apotheker. Sie wurden stets einen Tag später angeliefert.
Es blieb in den nächsten zwei Tagen alles ruhig, keine Meldung ging ein, über die einer der Uniformierten hätte aufhorchen und Meldung machen müssen. Die Tage vergingen für Karima im Nu, auch wenn sie nicht aus der Burg durfte. Sie erlebte mit Chérif El-Raisuli eine grenzen- und tabulose Liebe und sehnte sich immer öfter nach seinem Körper.
Sie schätzte Sharif sehr, aber irgendwie schien seine Anwesenheit sie zu stören. Sie konnte sich sehr gut mit ihm unterhalten, seine Erzählungen entzückten sie. Immer wenn Chérif El-Raisuli für Stunden im Keller oder mit einigen der Uniformierten im Gespräch war, trafen sie sich in einem der Salons. Chérif El-Raisuli wollte es so und hatte sich mit seinem Willen durchgesetzt: Karima sollte tagsüber in der Burg nicht alleine sein. Nur in ihrem eigenen Bereich sollte sie sich bei Bedarf zurückziehen und auf ihn warten.
Sharif hatte für sich und Karima einen Pfefferminztee zubereiten lassen. Er goss ihr ein Glas ein und reichte ihr eine Schale mit feinem Gebäck. Sie tranken den Tee.
»Karima, Sie sind eine schöne Frau, eine sehr schöne Frau. Mein Vater liebt Sie, wie er mir sagte, und Sie scheinen ihn zu lieben. Mein Vater sagte mir auch, dass er mit Ihnen hier leben wolle und er mit Ihnen sein Glück gefunden habe und dass er Sie nicht verlieren wolle. Sie sind aber eine Christin, mein Vater ein Muslim.
Sehen Sie da ein Problem?«
»Sharif, Liebe kennt keine Religion. Ihr Vater und ich werden eine Lösung finden. Wir müssen auch nicht religiös heiraten. Es wird sich eine Lösung finden.«
»Trinken Sie noch ein bisschen Tee, Karima. Das tut Ihnen sicherlich gut, nach den ganzen Aufregungen. Wissen Sie, wenn mein Vater nicht wäre und ich an seiner statt, dann würde ich Sie auch nicht mehr loslassen. Sie gefallen mir sehr.«
Karima trank noch zwei Gläser Tee und wunderte sich immer mehr über die Auswirkungen des Zusammenseins mit Sharif. Sie fühlte sich überhaupt nicht beschwert und nahm alles mit immer mehr Gelassenheit zur Kenntnis. Auch fand sie Gefallen an seiner Seite. Eine Euphorie schien sie befallen zu haben. Sie lachte viel.
»Sie sind sicherlich doch müde, Karima. Ich begleite Sie zu Ihrem Bereich.«
Auf dem Wege dorthin schaukelte Karima ein wenig, so dass Sharif sich bei ihr einhakte und sie leicht stützte. Karima öffnete die Tür zu ihrem Bereich und Sharif folgte ihr. Er schloss die Tür hinter sich zu und führte Karima zum Bett. Sie war zwischenzeitlich willenlos geworden und ließ alles mit sich machen. Er zog sie ganz aus und legte sie aufs Bett. Nachdem auch er sich ausgezogen hatte, nahm er sie mehrmals in dieser Stunde seiner unkontrollierten Wollust.
Indrikis Harold Martinson
Das Buch ist bei Amazon erhältlich