Ramadan in Fès: Ein spirituelles und kulturelles Erlebnis in der Medina - Die letzten 10 Tage des heiligen Monats
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Der bedeutendste Tag und die heiligste Nacht im Ramadan ist die Nacht der Bestimmung (Lailat al-Qadr). Obwohl sie traditionell in der Nacht zum 27. Ramadan Nacht verortet wird, beginnen die Feierlichkeiten bereits am Abend des 26. Ramadan. Dies rührt von einer Überlieferung her, dass diese Nacht im letzten Drittel des Monats liegt, und die Zahl Sieben eine besondere Symbolkraft im Koran und in den Hadithen besitzt, wie etwa die sieben Himmel, die sieben Erden und die sieben Wochentage.
Zu den Bräuchen dieser Nacht gehört es, Walnüsse und Datteln zu kaufen, die in den Häusern genossen werden. Die kleinen Mädchen werden in neue Gewänder gekleidet und begleiten ihre Mütter am Tag zum Mausoleum des Stadtgründers, Moulay Idriss. Dort, entlang der Gasse, nahe dem Heiligtume, kaufen die Eltern die berühmte „Halwat Moulay Idriss“, eine traditionelle Süßigkeit, die mit dieser Nacht verbunden ist.
Die großen Moscheen, insbesondere al-Qarawiyyin und al-Andalus, sowie das Mausoleum von Moulay Idriss, erstrahlen in festlicher Beleuchtung. In den Häusern erklingen Gesang und Musik. Die Frauen feiern mit den Rhythmen der Trommeln, singen und tanzen bis tief in die Nacht hinein - ein Fest des Lichts, der Freude und der Spiritualität, das sich in den Straßen und Häusern der Stadt widerspiegelt.
Nach Lailat al-Qadr legt sich allmählich die fieberhafte Betriebsamkeit Ramadans, und die Vorbereitungen für das bevorstehende Fest des Fastenbrechens „Aid al-Fiṭr“ nehmen ihren Lauf.
Die Menschen kaufen Weizenkörner, Hühner oder Fleisch, Mehl, Mandeln, Zucker und Orangenblütenwasser, um die traditionellen Festtagsgebäcke zuzubereiten: Runde Plätzchen (Ghriyba), mondsichelförmige und nach Marzipan schmeckenden Plätzchen (Kaʿb al-Ghazal), runde süße Brötchen (Qraschel) und Pfannkuchen (Mlaoui) und vieles andere.
Das Ende des Monat Ramadan wird auf die gleiche Weise verkündet wie sein Beginn. In diesem Moment enden die at-Tarawih-Gebete, die den Monat geprägt haben.
Am Morgen des Festtages, noch unter dem Schutz der Morgendämmerung, machen sich die Familien auf den Weg, um die Almosenabgabe (Zakāt al-Fiṭr) zum Abschluss des Monat Ramadan, zu entrichten. Jede Familie gibt pro Person, ob groß oder klein, etwas mehr als zwei Kilogramm Weizen an bedürftige Familien.
Dann ziehen die Männer, die Kinder und jene Frauen, die es wünschen, in ihren neuen oder festlich gereinigten traditionellen Gewändern hinaus vor die Stadtmauern, um das Festgebet in einem offenen Gebetsplatz unter freiem Himmel, mit einer steinernen Gebetsnische und einer Kanzel, umgeben von weiß getünchten Mauern (al-Mussalla) zu verrichten.
Fast jeder bringt seinen eigenen Gebetsteppich mit, auf dem er Platz nimmt. Während die Gläubigen gemeinsam Gott preisen und Seine Größe verkünden, warten sie auf den Beginn des Gebets, das ohne Gebetsruf und ohne Ankündigung verrichtet wird - ein stilles, aber tief ergreifendes Zeichen der Ehrfurcht und der Freude über das Erreichen des Festes.
Nach der Verrichtung der Gebete und der Predigt des Imams, in der er die Gläubigen ermahnt und an die Tugenden des Glaubens erinnert, beglückwünschen sich die Menschen gegenseitig zum Fest, indem sie sich die Hände reichen und sich in herzlicher Umarmung begegnen. Danach kehrt ein jeder in sein Haus zurück, wo die Frauen bereits das opulente Festfrühstück vorbereitet haben.
Nach einiger Zeit geht der freiwillige Weckrufmann durch die Gassen, diesmal jedoch nicht, um die Menschen zum as-Suḥur zu rufen, sondern um die Dankesgaben für seinen Dienst während des Monats Ramadan einzusammeln. Jeder gibt ihm, was ihm möglich ist - sei es Weizen, Geld oder andere Lebensmittel. Ebenso ziehen die Hornbläser von Tür zu Tür, um ebenfalls die Gaben der Anwohner zu empfangen.
Die Familien versammeln sich zu ausgiebigen Mahlzeiten, Besuche bei Verwandten stehen an, und Kinder erhalten Geschenke - ein würdiger Abschluss eines Monats voller Entbehrung. Dann besuchen die Menschen einander mit ihren Kindern, sei es unter Verwandten, Nachbarn oder Freunden. Jedem Eintretenden wird traditionell duftender Minztee gereicht, begleitet von einer Auswahl an erlesenen Süßigkeiten. Den Kindern hingegen schenkt man kleine Aufmerksamkeiten in Form von Süßwaren oder Geld. Manche Gäste, die zufällig vor der Mittagsstunde eintreffen, verweilen bis zum gemeinsamen Mahl mit der Familie.
Der Nachmittag vergeht in Muße - eine Zeit der Entspannung, des Genusses von Minztee und des geselligen Austauschs über verschiedenste Themen. Diese Besuche ziehen sich oft über den gesamten Tag hinweg bis in die Abendstunden, und nicht selten dauern sie gar bis zum folgenden Tag an, sofern es jemandem nicht möglich war, alle vorgesehenen Besuche am ersten Tag zu vollenden.
Über den Autor Idriss Al-jay
Übersetzung aus dem Arabischen
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