Ramadan in Fès: Ein spirituelles und kulturelles Erlebnis in der Medina
Ramadan ist weit mehr als nur eine Zeit des Fastens - er ist ein bedeutendes kulturelles und spirituelles Ereignis, das die Gemeinschaften des islamischen Raums in einer einzigartigen Weise zusammenführt.
Das Leben in der Medina |
In vielen Städten und Regionen, wie zum Beispiel in der historischen Medina von Fès, wird dieser Monat von tief verwurzelten Traditionen und Ritualen geprägt, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden.
Früher wurde der Beginn oder das Ende des Monats durch eine Versammlung von Gelehrten und Astrologen bestimmt, die mit bloßem Auge den Halbmond suchten. War der Himmel von Wolken verhangen, begann Ramadan nach Ablauf von 30 Tagen des vorangegangenen Monats Schaaban. Heutzutage hingegen werden Ramadan -Beginn und -Ende nach modernen Methoden der Beobachtungen bestimmt. Das Hijri-Jahr basiert auf den Mondphasen. Es hat eine Länge von 354 bis 355 Tagen. Ein Monat hat 29 oder 30 Tage. Das Wort Hijri leitet sich von „Hijra“ (الهجرة) ab und bezeichnet die Auswanderung des Propheten Mohammed (sas) und seiner Gefährten von Mekka nach Medina im Jahr 622 n. Chr. Hijri Monate: 1.Muharram, 2.Safar, 3.Rabi al-Auwa, 4.Rabi at-Thani, 5.Dschumada al-Ula, 6.Dschumada, 7.at-Thaniya, 8.Rajab, 8.Schaaban, 9.Ramadan, 10.Schauwal, 11.Du al-Qi’da, 12.Du al-Hijja |
Beginn und Vorbereitungen
Schon einige Tage vor dem Ende des Monats Schaaban beginnen die Bewohner der Stadt - wie auch die Menschen in allen anderen islamischen Ländern - mit den Vorbereitungen. Sie kaufen Lebensmittel ein, die in diesem gesegneten Monat besonders geschätzt und verzehrt werden: Mehl, Öl, Honig, Mandeln und Sesam. Die Frauen machen sich daran, traditionelle Süßspeisen für Ramadan zuzubereiten.
Im Laufe der Zeit hat sich jedoch der Brauch verändert, und wohlhabende Familien ziehen es mittlerweile vor, diese Leckereien fertig zubereitet zu erwerben - von renommierten Konditoren wie Abdallah Mamu oder az-Zakzuti, deren Kreationen für ihre herausragende Qualität berühmt sind. Weniger begüterte oder durchschnittlich verdienende Familien hingegen kaufen ihre Süßwaren bei bescheideneren Händlern wie Umar as-Saffaj oder al-Kaysi.
Daneben wird in großer Menge Kichererbsen, Linsen, Zwiebeln, feine Suppennudeln, Tomaten, Koriander und Petersilie eingekauft - alles essenzielle Zutaten für die Harira, die in Ramadan als wichtigste Speise dient. Jede Familie ergänzt diese Vorräte je nach finanziellen Möglichkeiten und den Erfordernissen der jeweiligen Jahreszeit um weitere Lebensmittel für verschiedene Gerichte.
Am Abend des letzten Tages von Schaaban, kurz vor dem Gebetsruf zum Maghreb (Sonnenuntergang), steigen Frauen und Kinder auf die Dächer ihrer Häuser, während die Muezzins die Minarette erklimmen, um den Ramadan-Neumond zu erspähen. Sobald die Sichtung bestätigt oder das offizielle Signal durch eine Sirene vom Nordturm (auch Burj an-Nur genannt) gegeben wird, lassen die Trompeten- und Schalmeien-Bläser von den Minaretten ihre Instrumente erklingen, um die Ankunft des heiligen Monats zu verkünden. Die Kinder entzünden Feuerwerkskörper, und die Frauen lassen freudige Jubelrufe erschallen.
Nach dem Ischaa-Gebet (Gebet nach der Abenddämmerung) beginnen die Moscheen mit den gemeinschaftlichen „at-Tarawih“-Gebeten. Dabei rezitiert der Imam jeden Abend einen Teil des Korans und während des darauffolgenden Frühgebets (Fadschr) einen weiteren Teil. Da der Koran in 60 Teilen unterteilt ist, wird er auf diese Weise innerhalb des Monats vollständig rezitiert. Obwohl das at-Tarawih-Gebet freiwillig ist, besitzt es eine große spirituelle Bedeutung.