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Abdelhak Najib - Lebenserfahrungen und kultuelle Visionen

Seite 2 von 2: Lebenserfahrungen und kultuelle Visionen

Buecher

Betrachtet man das Leben als eine Sammlung von Erlebnissen und Erfahrungen, wird klar, dass die Kunst des Erzählens eng mit der Vielfalt menschlicher Erfahrungen verbunden ist. Von intensiven Reisen und persönlichen Herausforderungen bis zu den Höhen und Tiefen zwischen Glück und Leid - diese Facetten formen nicht nur individuelle Lebensgeschichten, sondern auch die literarische Landschaft. Authentische Geschichten spiegeln nicht nur das Licht der Menschlichkeit wider, sondern auch die Dunkelheiten, die uns formen.

Auszüge aus einem von Hassan Elarch durchgeführten Interview mit Abdelhak Najib

Um Geschichten zu erzählen, bedarf es ein intensives Leben: Ausgedehnte Reisen, Höhen und Tiefen, Begegnungen mit Menschen, Erfolge und Misserfolge, Abenteuer, Glück, Liebe, Leid und Hoffnung prägen das Leben. Literatur entsteht aus dem echten Leben mit all seiner Schönheit und Hässlichkeit, Stärke und Gemeinheit. Authentische Geschichten entstehen aus persönlichen Höhen und Tiefen sowie erlebten Abenteuern. Ein flaches, risikoloses Leben dagegen bietet keine Substanz.

Wie erklären Sie den Erfolg Ihrer Bücher?

Meine Romane behandeln das Leben mit all seinen Entbehrungen, Träumen und Hoffnungen sowie den Facetten von Heuchelei, Wahnsinn und Widersprüchen. Sie beleuchten Momente der Gnade, persönliche Schwächen und Wunden, während sie zugleich die Hoffnung auf Erlösung thematisieren.

Schreiben ermöglicht mir, meine Gedanken auszudrücken, um mit mir selbst ins Reine zu kommen - ein Akt des persönlichen Ausdrucks, der trotz aller philosophischen Überlegungen letztlich das individuelle 'Ich' betrifft. Es ist die Kunst, mehrere Leben zu leben, die Vergangenheit neu zu gestalten, sich zu ordnen und durch Worte Schutz zu suchen, um dem Leben eine kraftvolle Antwort zu geben.

Sie wurden schwer vom „Covid-19“-Virus getroffen. Wie haben Sie diese extreme Prüfung überstanden?

Ich wäre fast gestorben, so einfach ist das. Für ein paar Minuten war ich sogar klinisch tot. Das Virus hatte mich mit einer extrem hohen Viruslast infiziert und nahezu getötet. Ich verlor 20 Kilo in 20 Tagen, das Virus raubte mir meine gesamte Lebenskraft. Es zermürbte mich bis ins Mark, schwächte mich völlig, wie ein ausgetrockneter Baumstumpf. Ich spürte das Virus in mir nagen, wie eine wütende Armee. Doch irgendwann gewann mein Körper die Oberhand und drehte das Blatt. Leben ist stärker als die Todesangst. Diese Episode war eine der größten Prüfungen meines Lebens, eine wahre Lebenslehre.

Es war erschütternd, von einer Gruppe renommierter Ärzte für tot erklärt zu werden und dann doch zu überleben. War es ein Wunder? Vielleicht. Eine zweite Chance? Auf jeden Fall. Ich war am absoluten Tiefpunkt, glitt ins Jenseits ab, doch dann kam der Lebenswille zurück, unerklärlicherweise. Solche Erfahrungen dienen als Orientierungspunkte im Leben. An dem Abend, als ich dachte, ich würde die Nacht nicht überleben, akzeptierte ich mein Ende. Es war keine Aufgabe, sondern Akzeptanz. Ich erzählte den Krankenschwestern Witze und brachte sogar Lachen in den düsteren Intensivraum. Ich nahm das Ende mit Gelassenheit und einem Lächeln an.

Welche Lehre haben Sie daraus gezogen?

Heute geht es darum, das Wesentliche zu erkennen und zu tun, was getan werden muss. Ich richte mich auf, um Klarheit und Licht in mein Leben zu lassen. In einer zunehmend dunkleren Welt ist das entscheidend. Überflüssiges, Täuschungen und unnötige Leichtigkeit vermeide ich. Gewissheiten sind trügerisch; nur wer nichts hinterfragt, glaubt, sie zu besitzen. Stattdessen strebe ich danach, meinen Geist zu erheben und mich nicht zu verkleinern. Ich halte an dem Weg fest, der meine beste Version fordert. Ich arbeite hart daran, mich zu verbessern und nicht stehenzubleiben. Wenn ich Schwierigkeiten begegne, gehe ich weiter, denn dort gibt es nichts zu verweilen. Die Zeit ist kostbar und kreisförmig, sie kann uns unerwartet einholen.

Sie haben einen Verlag gegründet und seit drei Jahren haben Sie eine große Aktion ins Leben gerufen, die sich an das Lesen in benachteiligten Schulen in Marokko richtet.

Es bedarf einer umfassenderen Vision, die auf Bildung und Förderung von Talenten in Theater, Musik, bildender Kunst, Tanz, Fotografie und anderen Bereichen setzt. Das veraltete Bildungssystem muss dringend reformiert werden. Der Filmförderfonds sollte überdacht werden, um Mittelmäßigkeit zu vermeiden. Auch die Dominanz der Komödie als kulturelles Leitbild muss hinterfragt werden, da diese Ansätze echte kulturelle Entwicklung nicht fördern. Die Marokkaner schätzen Qualität und haben einen feinen Sinn für echtes Theater, großes Kino und gute Musik. Sie streben nach Exzellenz, doch der gegenwärtige Zeitgeist neigt zur Mittelmäßigkeit. Ein Volk, das nicht auf Qualität setzt, riskiert den Verlust seiner Identität. Die Zukunft wahrer Künstler, die das Menschliche hervorheben und in einer zunehmend düsteren Welt Schönheit bieten, ist gefährdet.

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