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Bildatlas Marokko: Eine Reise durch Farben, Düfte und Geschichten

Der „DuMont Bildatlas Marokko“ von Muriel Brunswig und Fotograf Frank Heuer, veröffentlicht im Januar 2024, ist mehr als ein Reiseführer - er ist ein sinnliches Erlebnis für alle, die sich auf Marokko einstimmen oder eine Reise planen möchten. Mit 120 Seiten kombiniert das Heft faszinierende Fotografien und fundierte Reportagen, die die Vielfalt und Schönheit des nordwestafrikanischen Landes eindrucksvoll einfangen.

DuMont Bildatlas Marokko CoverDas Heft gliedert sich in sechs thematische Kapitel, die von lebendigen Königsstädten wie Marrakesch bis hin zu den stillen Weiten der Sahara und dem majestätischen Atlasgebirge reichen. Besonders hervorzuheben sind die stimmungsvollen Fotografien, die das kulturelle und natürliche Erbe Marokkos in einem neuen Licht präsentieren. Die Texte von Brunswig bieten eine kluge Mischung aus Reiseerfahrungen, Anekdoten und praktischen Tipps, etwa zu umweltfreundlichem Tourismus oder ungewöhnlichen Mitbringseln wie handgefertigtem Schmuck und Gewürzen.

Ein Alleinstellungsmerkmal des Heftes ist die Kombination aus Inspiration und Struktur. Neben der Beschreibung außergewöhnlicher Orte wie Chefchaouen oder den Kasbahs finden Leser praktische Karten und Hinweise zur Planung ihrer individuellen Reiseroute. Die Kapitel schließen mit hilfreichen Zusammenfassungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Tipps zur besten Reisezeit, Verkehrsmitteln und nachhaltigen Unterkünften.

Die journalistische Tiefe zeigt sich in kritischen Betrachtungen aktueller Themen wie dem Umgang mit Dürre und der Rolle des Tourismus für die lokale Bevölkerung. Gleichzeitig bleibt das Heft visuell ansprechend und leicht zugänglich - ein idealer Begleiter für Reisende, die sich eine intensive Auseinandersetzung mit Marokko wünschen.

Für Liebhaber hochwertiger Reiseführer und für alle, die das Land der Farben und Düfte entdecken möchten, ist der „DuMont Bildatlas Marokko“ ein empfehlenswerter Kauf. Die Mischung aus optischer Opulenz und inhaltlicher Tiefe macht ihn zu einem wertvollen Nachschlagewerk und Inspirationsquelle.

Fazit

Die Beschreibungen im Heft sind gespickt mit praktischen Tipps, beispielsweise, wie man die Massen auf den Märkten umgehen oder eine authentische Mahlzeit abseits der touristischen Routen finden kann. Karten und fotografische Highlights rahmen diese Erzählungen ein und bieten den perfekten Überblick für die Reiseplanung.

Leseprobe

Gaumenfreuden

Wer abends über Djemaa el Fna in Marrakesch läuft, kann in nur wenigen Sekunden all das erschnüffeln, was Marokkos Küche zu bieten hat: Frischen Fisch, gegrilltes Fleisch, geschmortes Gemüse, frisch gepressten Orangensaft und köstlichen Tee mit Minze.

Marrakesch Jamaa Elfna, Foto: Eberhard Hahne

Und doch wird dieser einzigartige Platz im Herzen vor Marrakesch nicht in erster Linie wegen des guten Essens aufgesucht, sondern wegen der großartigen Kulisse, in der zig Fressbuden stehen, die Abend für Abend hier aufgebaut werden. Außerdem bieten sie einen perfekten ersten Überblick über das, was Marokkos Küche zu bieten hat. Wer sich diesen verschafft hat, kann dann die wirklich guten Restaurants aufsuchen, kleine Straßenrestaurants zum Beispiel, wo frische Tajines auf kleinen Kohleöfen vor sich hinschmoren, kleine Fischrestaurants im Hafen, die den frischen Fang direkt vom Boot kaufen und sofort zubereiten oder eines der schicken Neustadtrestaurants für die marokkanische Upperclass, wo es vor allem Festtagsküche zu kosten gibt. Wer Glück hat, kann die beste marokkanische Küche natürlich bei einer marokkanischen Familie genießen, denn dort gibt es nicht nur größten Gaumenfreuden zu entdecken, sondern auch das schöne Gefühl, willkommen zu sein.

Minztee ist eine Kunst

Minztee-Szeremonie, Foto: Muriel Brunswig

Minztee, Foto: Muriel Brunswig

Wer das Glück hat, bei einer Familie zu Gast zu sein, wird mit einem Glas Minztee, Athai, wie die Marokkane:innen ihn nennen, begrüßt. Doch wer nun glaubt, einen banalen Beutel in heißem Wasser serviert zu bekommen, irrt. Teekochen ist in Marokko eine Kunst, die schon die Kleinen erlernen, um dann, im Erwachsenenalter, Meister des Brühens zu werden. Jeder Schritt muss sitzen. Und der erste beginnt mit dem Säubern des Grüntees, der die Basis für jeden Athai ist. Die gerollten Teeblätter werden in eine Kanne gefüllt, ein wenig heißes Wasser darüber gegeben, die Kanne geschüttelt, damit die Blätter sich öffnen können. Wasser raus, neues rein. Im zweiten Schritt dann werden die Blätter gereinigt vom Staub. Erst danach dürfen kinderfaustgroße Zuckerstücke zum Tee kommen, der dann mit kochendem Wasser aufgegossen und auf einer kleinen Flamme mehrmals aufgekocht wird. Zum Schluss kommt ein riesiger Bund Minze dazu. Statt zu rühren wird die wertvolle Flüssigkeit nun aus hoher Höhe in Gläser gegossen. Mehrmals, damit dabei nichts trüb wird. Und erst wenn der/die Zeremonienmeister:in mit der Farbe des Getränkes zufrieden ist, darf eingeschenkt werden. Et voilà: Der Tee ist fertig.

Das Nationalgericht: Tajine

Aspekte aus der marokkanischen Küche, Fotos: Muriel Brunswig

Sehr viel einfacher als die Zubereitung von Tee ist die Zubereitung der bereits oben erwähnten Tajines. Was das ist? Nun, es ist ein großer tönerner Teller, auf den ein Deckel in Kegelform gestülpt wird. Das Gericht, das nach dem Behälter benannt ist, wird traditionell mit Fleisch oder Fisch zubereitet. Ganz nach unten kommen Zwiebeln, darauf wird ein Stück Fleisch gelegt, drumherum Gemüse und Kartoffeln gruppiert, gewürzt und auf die Kohle gestellt. Zwei Stunden wird der schöne Deckel gelüftet, und darunter hervor kommt ein wundervoll duftender Dampf. Gegessen wird übrigens im Freundes- und Familienverbund niemals von Tellern: Eine Tajine wird in die Mitte des Tisches gestellt, Brot dazu gereicht und jeder nutzt das Gebäck als Besteck, die Tajine ist der gemeinschaftliche Teller. Auch in Restaurants wird auf diese Weise gespeist. Nur Touristen gibt man Teller. Sie wissen es schließlich nicht besser…

Freitags-Gericht: Couscous

Couscous-Zubereitung, Foto: Eberhard.Hahne

Während es Tajine also auch in Restaurants gibt, ist Couscous ein typisches Familiengericht, was es nur in ausgesprochenen Touristenlokalen zu bestellen gibt. Couscous (Ssekssu, wie es in Marokko heißt) entspricht in Marokko unserem Sonntagsbraten. Es wird freitags nach dem Mittagsgebet gegessen. Dem Gericht wohnt Segenskraft inne. Im Gegensatz zu Tajine ist Couscous ein aufwendiges Gericht, das Frauen einen ganzen Vormittag lang kochen. Das Aufwendigste am Couscous ist das Krümeln. Denn während in unseren Breiten einfach nur die Kartons aufgerissen werden, um Körner in eine Schüssel zu geben und Wasser darüber zu gießen, werden die Körner im echten Couscous aus Weizen gerieben. Okay, viele behelfen sich inzwischen auch mit dem Weizengries aus der Packung. Doch keine Marokkanerin, die etwas auf sich hält, würde diesen einfach nur mit Wasser übergießen. Oh nein! Ein echter Couscous wird gedämpft, und zwar in einem speziellen Topf, der über die Brühe mit dem Fleisch und dem Gemüse gehängt wird. Und dann, etwa im Stundenrhythmus, wird die Weizenmasse aus dem Sieb genommen, in eine Schüssel gegeben und mit den Händen klümpchenfrei gerieben. Eine Heidenarbeit! Aber allerwichtigste Schwiegertochter-Prüfung (gleich nach der Tee-Zubereitung)! Nur eine Frau, die das richtig beherrscht, ist reif für die Ehe!

Und sonst?

Natürlich bietet Marokkos Küche noch sehr viel mehr als Tajine, Couscous und Tee. Und doch sind diese Gerichte die, denen Reisenden im Land immer wieder begegnen. Nur wer schickere Restaurants aufsucht, bekommt zum Beispiel köstliche Salate aus gekochtem Gemüse, die seltener im Alltag, aber häufig bei Festmahlen zum Essen gereicht werden. Und dann gibt es da noch die Pastilla, eine Pastete, aus Taubenfleisch, Zimt und Zucker, manchmal auch mit Rinderhackfleisch oder Garnelen gefüllt. Sie sind eine Spezialität aus der Stadt Fes, wo man - da ist sich ganz Marokko einig - die beste Küche des Landes bekommt.

Und was gibt es dazu? Traditionellerweise natürlich nur Wasser, denn im Islam herrscht Alkoholverbot. Doch da Marokko französisches Protektorat war, gibt es natürlich eine Weinkultur. Und Marokko hat ganz hervorragende Weingüter. Vor allem einige Rotweine haben zahlreiche Preise gewonnen, so dass man in Marokko auch ein klein wenig wie Gott in Frankreich speisen kann.

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