Die Pfade des "Mellah" und die historischen Rätsel - Der verwinkelte Durchgang durch Mellah
Sobald du in den ersten verwinkelten Durchgang des Mellah eintrittst, stehst du unter einem großen gewölbten Bogen, der einst das Haupttor des Mellah war, das von Nachtwächtern bewacht wurde. Eine moderne Uhr am Torbogen, der zum Hauptweg des Mellahs führt, fällt sofort ins Auge. Sie zeugt heute noch von diesen ereignisreichen vergangenen Zeiten.
Diese Hauptstraße teilt Mellah vom Eingang des Semmarin in südwestlicher Richtung bis zum Bab Aamir. Diese Straße war die Hauptstraße und der Markt des Mellah und trug den Namen "Derb Souk". Vielleicht war die Straße in der Vergangenheit viel breiter und hatte vermutlich einen großen Marktplatz, aber im Laufe der Zeit wurden auf beiden Seiten Läden und Häuser gebaut, um den begrenzten Raum im Viertel zu nutzen. Der letzte westliche Teil der Straße war sehr eng und dunkel und früher eine Sackgasse, die 1912 von den Franzosen geöffnet wurde als sie den "Place du Commerce" hinter dem Bab Aamir anlegten und dem Mellah einen neuen Durchgang verschafften, durch den Besucher und Passanten auch heute von der Westseite passieren können.
Dieser breite und einzigartige Hauptweg im Mellah ist durchzogen von Pfaden und Gassen, die von Breite und Enge, Helligkeit und Dunkelheit, einfachen armen bis hin zu reichen, prächtigen Häusern im marokkanischen Baustil mit übermäßigem Zierwerk aus Mosaiken und Gips reichen. Sie verfügen häufig über einen Holzerker, den Frauen insbesondere während ihrer Menstruation nutzten, denn bei den konservativen Juden wurden Frauen während ihrer Periode von allen Aspekten des täglichen Lebens abgeschottet... außergewöhnlich ist es, dass diese Häuser häufig über geheime Kellerräume und Verstecke verfügen, die als Schutz gegen mögliche Überfälle oder Aufstände dienen sollten.
Diese breite Straße, die eine Besonderheit von Fès-Jdid darstellt, erstreckt sich bis zum Platz Al-Tijara oder Al-Alawiyyin, wo sich Mellah-Park "Jnan As Sabil D'lihud (Park der Juden)" befindet. Dieser Park beherbergte einst eine der ältesten und berühmtesten traditionellen Kaffeehäuser "Café Es-Satanbouli", das am Rand eines Flusses in dem Garten thronte und von Liebhabern der orientalischen Musik, Malhun*4 und jüdischer Shikor-Musik frequentiert wurde. Dieses Café existierte bis zum Ende der Achtzigerjahre und verschwand dann für immer nach der Erweiterung des "Place du Palais royale".
Es ist unmöglich, das jüdische Viertel, Mellah, bei der Diskussion über die Stadt Fès und ihre drei Teile zu ignorieren, da es eng mit dem Fès-Jdid und seiner städtischen und geografischen Entwicklung verbunden ist. Über die Geschichte und Existenz dieses Viertels gibt es viele verschiedene Ansichten, auch darüber, wann die Juden dorthin zogen, insbesondere ob es der Fall war nach der Errichtung von Fès el-Jdid.
Einige glauben, dass das Viertel seit dem Bau von Fès el-Jdid existiert und beziehen sich dabei auf das Buch "Rawdat al-Qirtas" von Ibn Abi Zar', einem Historiker aus der Zeit der Meriniden. Seine Beschreibung des Mellah war nicht so eindeutig, dass man mit Sicherheit sagen könnte, dass die Juden sofort nach Fertigstellung des Mellah in ihr neues Viertel zogen. Ibn Abi Zar' erwähnte, dass das damalige jüdische Viertel in der Altstadt während dem Bau von Fès-Jdid angegriffen wurde und dass vierzehn Juden bei diesem Angriff getötet seien. Deshalb wurden die Juden in Mellah verlegt, um sie vor der Wut der Bevölkerung zu schützen, wobei dieser Umzug nur als eine vorübergehende Maßnahme sein sollte.
Ahmad ibn Fadl Allah al-'Umari (1301-1349), Autor des Buches "Masalik al-Absar fi Mamalik al-Amsar", behauptet, dass die jüdische Gemeinschaft im 14. Jahrhundert nicht in Fès-Jdid präsent war.
Die Reisenden und Historiker Luis del Mármol Carvajal (1520-1600) und Al-Hasan al-Wazzan sprechen im 16. Jahrhundert über Fès-Jdid und bestätigen diese Theorie von Ibn Fadl Allah al-'Umari. Diese Aussage wird auch von einem jüdischen Historiker im Buch "Smash" am Ende des 19. Jahrhunderts bestätigt, in dem es heißt, dass Maimonides zu Beginn des 14. Jahrhunderts in der "Makana" (Al-Talea Al-Kabira) wohnte, wie auch Roger Lé Tourneau erwähnt.
Dies deutet darauf hin, dass die Juden einst zusammen mit den Muslimen in der Altstadt (Medina) lebten. Bis heute gibt es in den Tiefen der Altstadt weite Bereiche mit Namen von jüdischen Pfaden und Gassen. Zum Beispiel gibt es das "Jewish Hotel", den "Akiba-Platz" und die "Boulevard La Blida". Das "Darb Salam" (Friedenspfad) ist der Ort, an dem die Israelis das Fest "Sukkot" oder das Fest "Hoshana Rabbah" in der Mitte des Monats Oktober jeden Jahres feiern, um an den Auszug aus Ägypten und ihre Rettung vor dem Pharao zu erinnern.