Ramadan in Marokko
Gefastet wird am Tag, in dieser Zeit dürfen Gläubige nichts essen oder trinken, auch rauchen und Geschlechtsverkehr ist untersagt. Lügen, Beleidigungen oder Verleumdungen sind zu unterlassen.
In Marokko ist der Islam Staatsreligion. Sie ist vom König, als direktem Nachfolger des Propheten Mohammed vorgegeben und in Artikel 3 der aktuellen Verfassung verankert. Fünf Pfeiler gehören nach dem für Muslime heiligen Koran: Die Schahada (das Glaubensbekenntnis), Salāt (das Gebet), Zakāt (die Almosensteuer), Hadsch (die Pilgerfahrt) und Saum (das Fasten). Der neunte Monat im islamischen Kalender, der sich am Mond orientiert und somit kürzer ist als unsere Zeitrechnung nach dem gregorianischen Kalender, bestimmt den Ramadan. So kommt es, dass dieser Fastenmonat regelmäßig „wandert“, sich also jährlich um ca. 11 Tage nach vorne verschiebt und daher nicht auf einem festen Datum liegen kann, so wie wir das von unseren Feiertagen kennen. |
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Der Beginn des Fastenmonats (dieses Jahr am 13.04.21) wird festgelegt durch das Erscheinen der Mondsichel am letzten Vorabend vor Ramadan und dauert dann 29 oder 30 Tage. Beginn und Ende eines Fastentages werden durch die Zeiten der Morgendämmerung bzw . des Sonnenuntergangs festgelegt. Der Koran allerdings beschreibt das in Sure 2, Vers 187 viel netter und bildlicher: „… und esst und trinkt, bis ihr in der Morgendämmerung einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden könnt!“
Gefastet wird am Tag, in dieser Zeit dürfen Gläubige nichts essen oder trinken, auch rauchen und Geschlechtsverkehr ist untersagt. Lügen, Beleidigungen oder Verleumdungen sind zu unterlassen. Fastenbrechen beginnt mit Sonnenuntergang und wird durch den Ruf des Muezzins eingeläutet. Heute wird dem ursprünglichen Gedanken des Ramadan, sich im Selbstverzicht zu üben - durch die Tatsache, dass buchstäblich die Nacht zum Tag gemacht wird, immer weniger Rechnung getragen. Ursprünglich „verlangsamte“ sich in dieser Zeit das Leben, man besann sich auf das Wesentliche und erkannte, worauf verzichtet werden konnte, reinigte seinen Körper und glich schwelenden Streit aus.
Ausgenommen vom Fasten sind Schwangere, Kranke, Menschen auf Reisen und Kinder vor der Pubertät. Für Gläubige, die die Fastenzeit nicht konsequent eingehalten haben, gibt es Regeln: sie müssen pro Verstoß jeweils drei Tage fasten.
Gearbeitet wird verhalten: Geschäfte, Behörden und öffentliche Einrichtungen haben eingeschränkte Öffnungszeiten, Restaurants und Cafés öffnen erst nach bzw. zum Fastenbrechen („Iftar“). Im Straßenverkehr ist allergrößte Vorsicht geboten, da Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit stark eingeschränkt sind. Interessant für Besucher ist dieses Erlebnis jedoch allemal, wenn man sich entsprechend darauf einstellt. Die eigene Versorgung mit Essen und Trinken ist dringend erforderlich, da man außerhalb größerer Städte tagsüber nichts angeboten bekommt.
Ebenso selbstverständlich ist es, als Gast in einem muslimischen Land nichts in der Öffentlichkeit zu sich zu nehmen. Zwar wird das Nichtfasten bei Ausländern geduldet, aber wir haben selbst erlebt, dass jemand seinen Platz in einem Palmenhain demonstrativ wechselte, als wir uns während des Ramadans dorthin zum Essen zurückzogen, ohne ihn vorher bemerkt zu haben.
Kurz vor dem Fastenbrechen scheint dann eine große Hektik auszubrechen. Autofahrer steuern zügig das nächste Café an und wer sich nicht selbst versorgen mag, sichert sich einen Platz im Restaurant und bekommt die typischen Speisen zum Fastenbrechen bereitgestellt: eine traditionelle Suppe („Harira“), Datteln und Milch. Dann verharren alle, bis der Ruf des Muezzins erschallt, danach sind nur noch geschäftiges Löffelklappern und Essgeräusche zu hören. Erst im Anschluss an dieses Fastenbrechen werden weitere Gäste im Restaurant registriert und bedient.
Selbst haben wir einmal in einer Bergunterkunft im Siroua ein wunderbares Fastenbrechen erleben dürfen. Schon lange vor Sonnenuntergang waren die Frauen des Hauses mit der Zubereitung verschiedener Speisen beschäftigt, es duftete verführerisch.
Nach und nach füllte sich der Tisch mit verschiedensten Platten gefüllter Blätterteigtaschen, Salaten, Couscous, gebratenem Fleisch und Fisch, Datteln, Milch und Gemüsesäften. Nach der obligatorischen Reinigungszeremonie versammelten sich alle Männer im Vorraum zum gemeinsamen Gebet, die Frauen in einem separaten Raum.
Danach fand man sich am Tisch ein, alle Gäste wurden selbstverständlich mit einbezogen, und in entspannter Runde aß und trank man gemeinsam. Den Fehler, dass wir vorab unseren Essenswunsch für das Abendbrot äußern sollten, machten wir nur einmal! Denn knapp eine Stunde nach dieser üppigen Mahlzeit servierte man uns die gewünschte Tajine, die wir nahezu unberührt wieder zurück gehen lassen mussten.
Das Ende des Ramadan wird mit einem dreitägigen Fest „Id al-Fitr“ (auch Zuckerfest genannt) gefeiert, vergleichbar mit unserem Weihnachtsfest. Jeder, der dies für sich ermöglichen kann, reist extra dafür in die Heimat zurück, die Häuser werden geputzt, man kleidet sich neu ein, Berge von Süßigkeiten werden besorgt, besondere Speisen eingekauft oder selber zubereitet, Kinder bekommen Geschenke.
Nach dem gemeinsamen Gebet mit Predigt wandern die Familien in ausgelassener Stimmung nach Hause, beglückwünschen sich gegenseitig, essen, trinken und feiern gemeinsam und setzen dieses Ritual dann in den nächsten zwei Tagen bei Verwandten fort. Verständlich, dass in dieser Zeit das öffentliche Leben völlig ruht, so wie hier zu Weihnachten.