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Im Land der Pharaonen: Eine Reise zu den Wurzeln der Zivilisation

Meine Reise nach Ägypten - diesem ehrwürdigen Land der Pharaonen, der Weisheit und der Künste - war die Erfüllung eines lang gehegten Traums, der tief in meiner Seele verwurzelt lag. Wie hätte es anders sein können? Ägypten, die Wiege des Denkens, der Literatur und der Zivilisation, das Land großer Filme und Serien, unvergänglicher Melodien und zeitloser Stimmen - eine Kultur, deren Essenz ich Tropfen für Tropfen in mich aufnahm, ohne je auch nur den Hauch von Ermüdung zu verspüren.

 

Mustapha Laghtiri

Schon in meiner Kindheit begann mein heimliches Spiel: Mit grenzenloser Hingabe vertiefte ich mich in die Erzählungen ägyptischer Schriftsteller, die meine Fantasie beflügelten. Später, in meiner Jugend, öffnete sich mir die facettenreiche Welt der ägyptischen Literatur, die meine Träume nährte und mein Denken erweiterte. Mit der Zeit entdeckte ich die Werke großer Intellektueller und Denker, die meinen Geist herausforderten und meine Sicht auf die Existenz bereicherten. Die Kunst des Romans offenbarte sich mir durch die Meister der ägyptischen Literatur, während ich die Feinheiten der Kurzgeschichte bei ihren wegweisenden Autoren studierte. Auch die Musik Ägyptens hinterließ tiefe Spuren - die Lieder legendärer Sänger und die Kompositionen herausragender Musiker prägten meine Vorstellung von Kunst und Ästhetik.

Es war die Nationale Vereinigung der Lehrer Marokkos, die dieses schöne Unterfangen in die Tat umsetzte und eine Reise in jenes unvergleichliche Land organisierte. In ihrem Schoße vereinten sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen von erlesenem Geist: Intellektuelle, Pädagogen, Vertreter der Zivilgesellschaft - eine Gemeinschaft des Wissens, die sich in edelster Weise begegnete. So kam es zum ersehnten Wiedersehen, zur erhofften Verbindung - in einer Harmonie, die nicht enttäuschen konnte und nicht enttäuschen durfte.

Alexandria - Stadt der Geschichte und Legenden

Kaum hatten wir am Flughafen Borg El Arab unseren Fuß auf ägyptischen Boden gesetzt, wurden wir mit einer Herzlichkeit empfangen, die uns sogleich das wohlige Gefühl vermittelte, nicht in einem fremden Land, sondern vielmehr in unserer zweiten Heimat angekommen zu sein. Es war Mustapha, ein junger Mann von gewinnender Freundlichkeit, der uns begrüßte, und bereits die ersten Eindrücke, die sich in unsere Herzen senkten wie ein kühler, sanfter Windhauch, ließen uns erkennen: Hier sind wir willkommen. Selbst die Polizisten, oft als strenge Wächter des Grenzübertritts empfunden, erwiesen sich als helfende Hände, als wohlwollende Begleiter unserer ersten Schritte auf Ägyptens heiligem Boden.

Bald darauf brachen wir auf zu unserem Quartier in Alexandria - jener sagenumwobenen Stadt, deren Ehrentitel „Braut des Mittelmeeres“ schon seit jeher in unseren Ohren widerhallte. Als sich uns die Gelegenheit bot, ihre Geheimnisse zu erkunden, führte unser Weg uns zunächst zu den historischen Stätten, jenen Zeugnissen vergangener Größe. An unserer Seite stand unser kundiger Führer, der mit einer Fülle wertvoller Informationen aufwartete, die Ägypten im Allgemeinen und Alexandria im Besonderen betrafen.

So erfuhren wir, dass der koptische Name Ägyptens „Das schwarze Land“ bedeutet - ein Verweis auf die fruchtbaren Nilschlämme, die seit Jahrtausenden Leben schenken. Dass die Pharaonenherrschaft sich über drei Jahrtausende erstreckte und ihre Zentren vornehmlich in Fayoum und Luxor lagen. Alexandria selbst, so erklärte uns Dalia weiter, war das Werk Alexanders des Großen, errichtet nach dem Fall der altägyptischen Zivilisation. Und doch birgt diese Stadt bis heute Rätsel: So soll sich das Grab des großen Eroberers in ihren Tiefen verbergen - doch kein Mensch hat es je entdeckt.

Unser Führer erzählte uns ferner von Ptolemäus I., der eine neue Dynastie gründete, bis hin zu Kleopatra VII. (69–30 v. Chr.), eine Nachfahrin von Ptolemäus I. Ihr Vater war Ptolemäus XII. Auletes, ein späterer Herrscher der Ptolemäerdynastie. Die Ptolemäer, eine griechisch-makedonische Dynastie, regierten Ägypten von 305 bis 30 v. Chr., bis Kleopatra VII. und ihr Sohn Caesarion von den Römern besiegt wurden und Ägypten zur römischen Provinz wurde.

Wörtliche bedeutet „Kleopatra“ „die Ruhmreiche ihres Vaters“ oder „die vom Vater Geehrte“ - eine Bedeutung, die sich mit der berühmten Anekdote um ihre erste Begegnung mit Julius Cäsar wundersam verbindet. Es war jene denkwürdige Stunde, da sie, in einen Teppich gehüllt, in seine Gegenwart gebracht wurde - eine Erscheinung, die Cäsars Einbildungskraft beflügelte und ihn zu einem sinnbildlichen Vergleich inspirierte: So wie eine Muschel sich öffnet, um ihre kostbare Perle freizugeben, so entfaltete sich ihm Kleopatra - eine strahlende, betörende Kostbarkeit.

Doch war das Leben dieser Königin eine dramatische Pendelbewegung zwischen Glanz und Tragik, zwischen Macht und Untergang. Ihr Ende war von der düsteren Wucht einer antiken Tragödie: Als sie vom Selbstmord ihres Geliebten Antonius erfuhr, beschloss sie, ihm zu folgen - und wählte für ihren Tod ein Symbol von erschreckender Tiefe. Eine Kobra, jenes mythische Wesen, das sich durch das Abstreifen seiner Haut stets aufs Neue zu gebären scheint, wurde zum Werkzeug ihres Abschieds und zugleich zum Sinnbild ewiger Erneuerung. So ging sie zugrunde - und blieb doch unsterblich.

Erkundungen in Alexandria und die Majestät der Pyramiden

Unser erfahrener Führer ließ uns tief in die lange und bewegte Geschichte Alexandrias eintauchen - jener Stadt, die ein ganzes Jahrtausend lang als Hauptstadt Ägyptens erstrahlte, ein Zentrum des Wissens, der Kultur und der Macht. Hier, so erzählte er, soll Markus sein Evangelium verfasst haben, da er als Gründer der alexandrinischen Kirche gilt. Doch viele Gelehrte vermuten Rom als eigentlichen Entstehungsort. Schließlich begleitete Markus Petrus, hielt dessen Predigten und Erinnerungen an das Leben Jesu fest und schrieb sein Evangelium vermutlich in Rom nieder, wo Petrus wirkte und starb.

Doch Alexandria war nicht nur ein Ort des geistigen und kulturellen Glanzes - die Stadt erlebte auch düstere Kapitel in der Geschichte des Christentums. In einer ihrer finstersten Epochen ließen die römischen Herrscher Tausende ägyptischer Christen hinrichten, weil sie sich weigerten, dem römischen Glauben zu folgen.

Pompey's Säule und die Sphinx, Foto: Shivani Singh auf Wikimedia

Ein Höhepunkt unserer Reise war der Besuch der sogenannten Pompeius-Säule, jenes steinernen Monuments des Opportunismus und der politischen Heuchelei in ihrer wohl niederträchtigsten Form. Einst als Geschenk des alexandrinischen Statthalters an den römischen Kaiser überreicht, sollte sie dessen Gunst sichern - ein Akt unterwürfiger Huldigung, der umso absurder erscheint, wenn man bedenkt, mit welcher Grausamkeit Rom einst über die hiesige Bevölkerung geboten hatte.

Griechisch-römisches Theater, Foto: Mustapha Laghtiri

Citadel Qaitbay, Foto: Larussa auf WikimediaVon dort aus führte uns unser Weg weiter zum griechisch-römischen Theater, einer zufälligen Entdeckung aus dem Jahr 1960, die eindrucksvoll bezeugt, wie tief verwurzelt das kulturelle Erbe Alexandrias in der Geschichte des Mittelmeerraums ist.

Doch nicht nur die Relikte der Antike zogen uns in ihren Bann - es war auch die Stadt selbst, die uns auf Schritt und Tritt fesselte. So fanden wir uns schließlich vor der gewaltigen Qaitbay-Zitadelle wieder, die wie eine steinerne Wächterin am Rande des Meeres thront, und anschließend vor der legendären Bibliothek von Alexandria. Ihr bloßer Anblick war ein Augenschmaus, doch blieb uns der Zutritt verwehrt, denn das Schicksal wollte es, dass wir zu spät eintrafen.

Am folgenden Tag indes erhob sich über unserer Reise ein neuer, ein geistlicher Stern: Der Besuch der Abu al-Abbas al-Mursi-Moschee ließ uns in eine Atmosphäre eintauchen, die von heiliger Andacht und mystischer Erhabenheit erfüllt war - ein Moment der inneren Einkehr, der unsere Erlebnisse mit einer stillen, tief empfundenen Spiritualität durchdrang.

Abu L Abbas al Mursi Moschee, Foto: Mustapha LaghtiriDoch dann nahmen wir Kurs auf das Herz Ägyptens, auf das uralte Zentrum seiner Größe: Kairo und die Pyramiden von Gizeh. Diese kolossalen Bauwerke sind weit mehr als eine geordnete Aneinanderreihung riesiger Steinblöcke - sie sind ein offenes Buch der Geschichte, geschrieben mit den Zeichen der Ewigkeit, ein steinernes Vermächtnis an all jene, die verstehen wollen, was gewesen ist. Sie sind die letzte Ruhestätte der Pharaonen, durchzogen von zahllosen Gängen und verborgenen Kammern, voll rätselhafter Feinheiten, die noch immer nicht gänzlich entschlüsselt sind.

Und dann, als stehe er seit Jahrtausenden in stoischer Wache, erblickten wir ihn: den Sphinx. Jenen steinernen Hüter der Pyramiden, dessen Antlitz - halb Mensch, halb Tier - Sinnbild jener zwei Kräfte ist, die seit jeher das Schicksal der Menschheit lenken: Weisheit und Macht. Seine Geschichte, so dämmert es mir, müsste mit Goldtinte geschrieben werden - und ich hoffe, dass es mir in künftigen Tagen vergönnt sein wird, ihm jene Würdigung zu verleihen, die ihm gebührt.

Von den Gassen Kairos bis zu den Ufern des Roten Meeres

Dass meine Reise nach Ägypten mit der feierlichen Eröffnung der Kairoer Internationalen Buchmesse zusammenfiel, erschien mir als ein Wink des Schicksals. So bot sich mir die ehrenvolle Gelegenheit, meinen neuen Roman „Die Gattin der drei Könige“ der Welt zu präsentieren, ein Werk, das in den Hallen des ehrwürdigen Verlags Rawafid in Kairo das Licht der Welt erblickte. In seinen Seiten feiert es die Geschichte Marokkos, gespiegelt im Leben einer Frau, die ihre Epoche prägte wie kaum eine andere - Zainab an-Nafzawiyya, jene kluge und charismatische Berberin des 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts, die als eine der mächtigsten Frauen Nordafrikas galt. Sie war bekannt für ihre Schönheit, Intelligenz und politische Weitsicht, die ihr eine bedeutende Rolle in der frühen Geschichte der Almoraviden-Dynastie einbrachte. Sie war mit drei Männern verheiratet, doch ihr letzter Ehemann war der wichtigste: Yusuf ibn Tashfin, der Begründer des Almoravidenreichs.

Nach dieser literarischen Weihe wandten wir uns dem alten Kairo zu, jenem von der Zeit geadelten Stadtteil, der unter der Herrschaft des vierten Kalifen der Fatimiden Abu Tamim al-Muizz li Din Allah (930-975) einst zu glanzvoller Blüte gelangte.

Khan al Khalili, Foto: Heba Otefy auf Wikimedia

Wir verloren uns in den labyrinthischen Gassen von Khan el-Khalili, durchstreiften das pulsierende Gewirr der Basare, wo sich in goldschimmernden Auslagen das Echo vergangener Jahrhunderte spiegelt, und verweilten ehrfürchtig in den Heiligtümern des Imam al-Hussein und der Sayyida Zainab, deren Andenken von einer erhabenen Heiligkeit durchdrungen ist. Doch unser Weg führte uns nicht nur durch steinerne Zeugen der Geschichte, sondern auch zu einer Ikone der jüngeren Vergangenheit - zum Kaffeehaus Um Kulthums. Dort, inmitten der sanften Beleuchtung und der leisen Gespräche, klangen ihre unsterblichen Melodien durch den Raum, und es war, als ob ihre Stimme - jene Stimme, die so viele Herzen entflammte - uns selbst zur Andacht rief.

Am folgenden Tag brachen wir auf gen Süden, dorthin, wo die Wellen des Mittelmeeres sich mit den Fluten des Roten Meeres vermählen: nach Scharm asch-Schaich. Unsere Reise führte uns über den Suezkanal, jenen schmalen, doch weltenverbindenden Strom, der nicht nur zwei Meere, sondern auch zwei Kontinente aneinanderreiht. Wir durchquerten ihn durch den Märtyrertunnel, und für einen Moment war es, als stiege aus der Tiefe der Geschichte eine andere Überquerung empor - die des Mose, der mit seinem Volk das Meer teilte, um das Gelobte Land zu erreichen. Möge unser Weg friedlicher sein als der seine, dachten wir, und das Schicksal gewährte es uns. Wie mit Moses’ Stab geteilt, öffnete sich der Weg vor uns, und ungehindert setzten wir unsere Fahrt fort.

Scharm asch Schaich, Foto_ Mustapha Laghtiri

Dann, nach einer langen Reise durch die unwirtlichen Weiten der Wüste, lag sie endlich vor uns: die Stadt der Träume, Scharm asch-Schaich - ein Ort, in dem sich die Echos der Vergangenheit mit den Kulissen der Moderne verweben, wo das Erbe Ägyptens neben dem der Osmanen, das Echo der hellenistischen Welt neben den Schatten Amerikas und Europas seinen Platz findet. Es war ein Mosaik der Kulturen, kunstvoll gefügt und doch mit einer Leichtigkeit, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.

Doch der Höhepunkt unseres Aufenthaltes offenbarte sich erst, als wir das Boot bestiegen, das uns hinaus auf das Rote Meer trug. Dort, wo die Sonne mit ihren Strahlen das Wasser in flüssiges Gold tauchte, offenbarte sich uns ein Reich von unermesslicher Schönheit. Die Korallen, in Farben, die kein Maler je zu bannen vermöchte, tanzten im Rhythmus der Strömung, während sich zwischen ihnen Fische von solch schillerndem Glanz bewegten, als seien sie selbst kleine Götter des Meeres. Unsere Freude über dieses Wunder der Natur steigerte sich ins Grenzenlose, als wir inmitten dieses Paradieses selbst ins Wasser stiegen. Das sanfte Wiegen der Wellen, die Kühle des Ozeans, die unendliche Weite - es war, als hätten wir für einen Moment die Last der Welt hinter uns gelassen.

Und wie hätte sich diese Freude nicht verdoppeln sollen, als wir, inmitten des azurblauen Wassers, von Stimmen umgeben waren, die in fremden, doch nicht unfreundlichen Klängen ihre Geschichten erzählten? Russen, die in frohem Miteinander die Freuden des südlichen Winters genossen, fügten sich in das Bild eines Ortes, der nicht nur Schönheit, sondern auch Vielfalt in sich trug. So schloss sich unsere Reise mit jenem seltenen, kostbaren Gefühl: dass das Leben in solchen Momenten seine ganze Fülle enthüllt.