Freunde der Bergnomaden Marokkos
Es war in Spanien, am Strand der Costa de la Luz. Dort erlag Waltraud Unterberger einer alten Sehnsucht. Fern, aber klar sichtbar am dunstigen Horizont lag Marokko, lag die unbekannte Welt, die sie immer schon fasziniert hatte.
Aus dieser Begegnung folgte erst eine, dann jährliche Reisen nach Marokko. Normale touristischen Routen interessierten die Salzburgerin von Anfang an weniger. Waltraud war intensiv unterwegs: Mit dem Rad, zu Fuß… immer nah an den Menschen. Am liebsten auf Nebenwegen und nicht auf ausgetretenen Pfaden.
Als die Krankenschwester dann 2001 eine Trekkingreise im Djebel Saghro unternahm, erfuhr sie − nicht zum ersten Mal −, wie schlecht viele der Nomaden und Bergbewohner Marokkos versorgt waren. Ein schwer verletztes Mädchen wurde zu ihr ins Camp gebracht, eine junge deutsche Ärztin, die auch auf der Tour war, und sie versorgten das Kind mit ihren mitgebrachten Verbandsmaterialien und Medikamenten.
Und etwas Sonderbares geschah: Sehr schnell sprach sich unter den Nomaden herum, dass „Ärzte“ im Lande seien, und alle kamen und wollten versorgt und behandelt werden. Wieder zu Hause in Österreich, ließ Waltraut die Geschichte nicht los. Sie ging auf die Suche nach Hilfe und fand Help4SelfHelp, einen humanitären Verein im Bundesland Salzburg, der sie unterstützen wollte sowie willige Mitstreiter für ihr Projekt. Das war nicht schwer, denn durch ihre Arbeit und die vielen Kontakte während ihrer Jahre im Krankenhaus war es nicht so schwierig Interessierte mit Qualifikation zu finden!
Und so startete sie mit einer Crew von drei Ärzten und fünf Krankenschwestern elf Jahre später (Waltraud war inzwischen in Rente gegangen) zu ihrer ersten Tour. Als medizinische Karawane zogen sie durch das Saghro-Gebirge, wo die Bergnomaden des Hohen Atlas sich zwischen September und Mai aufhalten. Denn hier sind die Temperaturen deutlich milder als weiter oben und nur so können sie ihr Überleben sichern.
Der Schwerpunkt war von Anfang an Hilfe zur Selbsthilfe und die Versorgung akuter Erkrankungen. Der ersten Tour folgten jährlich weitere, und Waltraud Unterberger gründete schließlich einen eigenen Verein, die Freunde der Bergnomaden Marokkos. 2018 wechselten sie zum ersten Mal das Einsatzgebiet. Sie gingen statt in den Saghro auf die Sommerweide der Bergnomaden im Hohen Atlas, wohin sie auch 2019 fuhren. Natürlich hat Corona auch die Arbeit des Vereins zunächst einmal auf Eis gelegt, aber 2022 planen sie wieder eine nächste Reise. Wahrscheinlich auf die Sommerweide im Hohen Atlas. Danach möchten sie abwechselnd mal in den Saghro, mal in den Hohen Atlas reisen.
Bei ihren Reisen geht es vor allem um medizinische Schulung und Aufklärung, aber auch Umwelt- und soziale Themen spielen eine Rolle. Die Nomaden sollen angeregt werden, wieder zu ihrem traditionellen Umgang mit der Natur zurückzufinden. Denn das Plastikzeitalter ist auch in den Bergen angekommen und droht, das alte Wissen zu verdrängen.
Zu Hause sammeln die Freunde der Bergnomaden Marokkos getragene, gut erhaltene Regen- und Winterkleidung, um sie bedürftigen Familien zu bringen. In Österreich veranstalten sie auch regelmäßig Kuchenbasare, Charity-Dinner u. Ä., um Geld für den nächsten Einsatz zu erwirtschaften. Das Projekt finanziert sich dadurch selbst. Der Verein und seine Mitglieder arbeiten ehrenamtlich – die Helfer bezahlen ihre Reise selbst. Für ihre Einsätze sowie die Aktivitäten zu Hause suchen die Mitglieder auch immer wieder deutschsprachige MitstreiterInnen. Voraussetzungen sind Freude am Helfen und an fremden Kulturen, Begegnung auf Augenhöhe mit den Menschen vor Ort, Teamgeist und ein Schuss Abenteuerlust sowie gute körperliche Kondition. Weitere Informationen gibt Waltraud Unterberger gern.
Kontakt und Bilderrechte: Verein der Freunde der Bergnomaden Marokkos
Mehr über die Autorin Muriel Brunswig erfahren Sie hier