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Marokkos neuer Entwicklungsweg zur territorialen Gerechtigkeit

Marokko gestaltet seine Entwicklung von Grund auf neu. Der Staat verabschiedet sich von zentralistischen Steuerungsmechanismen und schafft Raum für regionale Eigeninitiative, partizipative Governance und nachhaltige Wirtschaftsstrukturen. Der territoriale Ansatz gilt dabei nicht als politisches Zugeständnis, sondern als Fundament sozialer Stabilität und langfristigen Wohlstands.

 

Köng Mohammed VI.Marokko vollzieht einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel in seiner Entwicklungspolitik. Statt zentral verordneter Maßnahmen setzt das Königreich auf zukunftsorientierte, vernetzte Strategien, die auf die Vielfalt und die spezifischen Bedürfnisse seiner zwölf Regionen zugeschnitten sind. Dieses neue Denken entspricht der königlichen Vision Mohammeds VI., der in einer seiner Thronreden betonte: „Seit Unserem Amtsantritt arbeiten Wir am Aufbau eines fortschrittlichen, vereinten und solidarischen Marokko - durch die Förderung einer umfassenden wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung ebenso wie durch die feste Entschlossenheit, den Platz unseres Landes unter den aufstrebenden Nationen zu festigen.“ Damit wird Entwicklung nicht länger als zentral gelenkter Prozess verstanden, sondern als gemeinschaftliches Werk, das Verantwortung, Transparenz und Solidarität miteinander verbindet.

Die nationale Strategie für territoriale Entwicklung zielt darauf ab, die wirtschaftliche und soziale Dynamik des Landes gleichmäßiger auf alle Regionen, Provinzen, Städte und ländlichen Räume zu verteilen. Sie folgt einem ganzheitlichen Ansatz, der die bisherigen, voneinander isolierten Sektorprojekte ablöst. Künftig sollen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit, Umwelt, Wirtschaft und Governance als miteinander verbundene Systeme gedacht und umgesetzt werden - etwa durch die Verknüpfung von Ausbildung und Arbeitsmarktintegration oder durch die Einbettung der Umweltpolitik in den Aufbau einer grünen, widerstandsfähigen Wirtschaft.

Territoriale Verantwortung und regionale Solidarität

Im Zentrum steht dabei der territoriale Ansatz: Entwicklungsinitiativen sollen von den spezifischen Gegebenheiten jeder Region ausgehen, anstatt zentral aus Rabat gesteuert zu werden. Diese Philosophie greift das Prinzip der fortgeschrittenen Regionalisierung auf, das seit der Verfassung von 2011 im Mittelpunkt steht, und bedeutet die Übertragung von Kompetenzen und Ressourcen auf die regionale Ebene. Durch diese Dezentralisierung entsteht zugleich eine gestärkte Verantwortung der Regionen für ihre eigene Entwicklung.

In einer königlichen Rede hieß es dazu: „Die Zeit ist gekommen, um einen echten Aufbruch in der umfassenden Aufwertung unserer Territorien und im Abbau sozialer und räumlicher Ungleichheiten einzuleiten. Wir rufen dazu auf, die herkömmlichen Entwicklungsmodelle hinter uns zu lassen und stattdessen einen integrierten territorialen Ansatz zu verfolgen.“ Damit wird deutlich, dass nicht länger einzelne Projekte im Vordergrund stehen, sondern ein umfassendes, ineinandergreifendes System, das alle Dimensionen der Entwicklung miteinander verbindet.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Förderung der Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen, sowie auf der Modernisierung der Systeme für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung. Auch die Entwicklung benachteiligter Gebiete - wie der Bergregionen, der Oasenlandschaften und der entlegenen Dörfer - steht im Mittelpunkt. Diese Räume werden als Schlüssel zur territorialen Gerechtigkeit und als Reservoirs kultureller und ökologischer Vielfalt verstanden, die in das nationale Entwicklungsmodell integriert werden müssen.

Eine partnerschaftliche und nachhaltige Umsetzung

Marokko, das aufstrebende Land in NordafrikaDie Umsetzung dieser Strategie erfolgt durch eine partnerschaftliche Governance, in der Regierung, regionale Behörden, Wirtschaftsakteure und Zivilgesellschaft eng zusammenarbeiten. Digitale Monitoring-Systeme und partizipative Beteiligungsmechanismen gewährleisten Transparenz und ermöglichen eine kontinuierliche Erfolgskontrolle. Parallel dazu werden Prioritätsprogramme in strategisch wichtigen Bereichen umgesetzt: die Verallgemeinerung der Sozialversicherung, die Reform des Bildungssystems, die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen sowie Initiativen zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen und des Jugendunternehmertums.

Diese Reforminitiative steht im Rahmen des Neuen Entwicklungsmodells (NMD), das vier zentrale Achsen definiert - darunter die Einbeziehung sozialer und territorialer Dimensionen - und die Leitlinie der marokkanischen Entwicklungsstrategie bis 2035 bildet.

Der neue Entwicklungsansatz gründet auf der Überzeugung, dass territoriale Gerechtigkeit keine politische Gefälligkeit, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit ist. Er zielt darauf ab, die Disparitäten zwischen urbanen Wachstumszentren und ländlichen Regionen zu überwinden, die trotz erheblicher Fortschritte in Infrastruktur, Energie und Bildung fortbestehen. Zugleich eröffnet er neue Perspektiven für eine ausgewogene nationale Entwicklung, die über die traditionellen Wirtschaftskorridore hinausgeht und neue Wachstumszentren im Landesinneren schafft.

Mit diesem integrierten und zukunftsorientierten Modell will Marokko seine Position als afrikanischer Vorreiter im Bereich nachhaltiger Regionalentwicklung festigen. Internationale Partner wie die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank begleiten mehrere Programme technisch und finanziell. Der qualitative Wandel im Entwicklungsansatz spiegelt somit die tiefe Erkenntnis wider, dass nur ein gerechtes, solidarisches und regional verankertes Entwicklungsmodell langfristig Stabilität, Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern kann.