Zum Hauptinhalt springen

Marokko setzt den entscheidenden Impuls für das neue Weltmeeresrecht

Mit seiner Ratifikation des UN-Hochseevertrags (BBNJ) hat Marokko die 60. Unterschrift gesetzt - und damit die Bedingung erfüllt, die das Abkommen in Kraft treten lässt. Der Vertrag soll künftig den Schutz und die Nutzung internationaler Gewässer erstmals verbindlich regeln.

Weltmeere und die 5 Kontinente

Mehr als zwei Drittel der Weltmeere liegen außerhalb nationaler Zuständigkeit. In diesen Gebieten fehlten bisher verbindliche Regeln für Forschung, Nutzung und Umweltschutz. Der neue UN-Vertrag über die biologische Vielfalt jenseits nationaler Jurisdiktion (BBNJ) soll diese Lücke schließen.

Er verpflichtet Staaten, Umweltprüfungen für Aktivitäten in der Hohen See durchzuführen, Schutzgebiete einzurichten und die Nutzung genetischer Meeresressourcen transparent und fair zu gestalten. Ziel ist es, die biologische Vielfalt der Ozeane zu bewahren und gleichzeitig eine nachhaltige Nutzung zu ermöglichen.

Das Abkommen gilt als zentrales Instrument zur Erreichung des internationalen 30×30-Ziels - also dem Schutz von 30% der Ozeane bis zum Jahr 2030.

Marokko als 60. Ratifikant: Juristische Schwelle erreicht

Am 19. September 2025 hinterlegte Marokko seine Ratifikationsurkunde bei den Vereinten Nationen. Es war damit der 60. Staat, der den Vertrag offiziell angenommen hat - ein administrativer, aber symbolisch markanter Moment.

Nach Artikel 68 des BBNJ-Abkommens tritt der Vertrag 120 Tage nach der 60. Ratifikation automatisch in Kraft, unabhängig davon, welches Land diese Schwelle erreicht. Dass Marokko diesen Zeitpunkt markierte, lenkte jedoch internationale Aufmerksamkeit auf das Königreich - vor allem wegen seiner geographischen Lage an der Straße von Gibraltar, einem bedeutenden maritimen Übergangsraum zwischen Atlantik und Mittelmeer. Mit der 60. Ratifikation ist nun festgelegt, dass das Abkommen am 17. Januar 2026 völkerrechtlich wirksam wird.

Bedeutung für Marokko, die Region und die internationale Zusammenarbeit

Für Marokko bedeutet die Ratifikation keine neue Zuständigkeit, sondern die Beteiligung an einem multilateralen Regelwerk, das weltweit gilt. Der BBNJ-Vertrag betrifft ausschließlich Gebiete außerhalb nationaler Hoheitsgewalt - also nicht die Küsten oder Territorialgewässer der Staaten.

Dennoch kann der Vertrag indirekt auch für Regionen wie den Meerengenraum von Gibraltar von Bedeutung sein. Die dortigen Ökosysteme sind durch Meeresströmungen und Wanderbewegungen von Arten eng mit der Hochsee verbunden. Eine verbesserte Regulierung internationaler Gewässer kann langfristig positive ökologische Effekte auch auf angrenzende Zonen haben.

Spanien hatte den Vertrag bereits im Februar 2025 ratifiziert und war innerhalb der Europäischen Union ein starker Befürworter des Abkommens. Marokkos Beitritt ergänzt diesen europäischen Ansatz um eine afrikanische Perspektive und kann künftige Zusammenarbeit im Umwelt- und Küstenschutz erleichtern.

Beide Länder - Spanien und Marokko - teilen Verantwortung für die Straße von Gibraltar, einen hochfrequentierten Schifffahrtskorridor, in dem wirtschaftliche Interessen und ökologische Sensibilität eng miteinander verwoben sind.

Zwischen Anspruch und Umsetzung

Der Hochseevertrag wurde nach fast zwei Jahrzehnten internationaler Verhandlungen verabschiedet. Seine Wirksamkeit hängt nun davon ab, wie konsequent die Staaten seine Bestimmungen umsetzen. Dazu zählen die Ausweisung von Schutzgebieten, die Bewertung geplanter Aktivitäten sowie der Aufbau von Kapazitäten in weniger entwickelten Ländern.

Kritiker weisen darauf hin, dass viele praktische Fragen - etwa die Finanzierung von Schutzmaßnahmen oder die Zuständigkeiten bei Verstößen - noch ungeklärt sind. Befürworter sehen im BBNJ dagegen einen überfälligen Schritt, um die Nutzung der Ozeane unter gemeinsame Regeln zu stellen.

 

___________

UN-Hochseevertrags (BBNJ)

Abkommen: UN-Vertrag über die biologische Vielfalt jenseits nationaler Jurisdiktion (BBNJ, „High Seas Treaty“)
Verabschiedung: 19. Juni 2023 durch die Vereinten Nationen
60. Ratifikation (Marokko): 19. September 2025
Inkrafttreten: 17. Januar 2026
Ziel: Schutz von 30% der Ozeane bis 2030
Kernpunkte: Schutzgebiete in internationalem Gewässer, Umweltverträglichkeitsprüfungen, gerechte Nutzung genetischer Ressourcen, Technologietransfer und Unterstützung für Entwicklungsländer
Quelle: UN Treaty Collection