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Made in Morocco - Vom Herkunftssiegel zur Industriestrategie

Mit der Einführung des neuen Labels Made in Morocco setzt das Königreich ein industriepolitisches Signal, das weit über Marketing hinausgeht. Die Initiative verbindet Qualität, Wettbewerbsfähigkeit und territoriale Verankerung zu einem strategischen Dreiklang, der die industrielle Landschaft des Landes nachhaltig verändern soll.

 

Made in Morocco. Foto mit Hilfe von ChatGPT erstelltDie Nationale Industrie­tagung 2025 in Rabat, markiert einen Wendepunkt auf den Wirtschaft und Politik seit Jahren warten. Die offizielle Einführung des Labels Made in Morocco ist weit mehr als eine kommunikative Geste - sie begründet einen neuen Vertrag zwischen Staat, Privatsektor und Regionen. Im Zentrum steht ein klar definierter Anspruch: Qualität, Wettbewerbsfähigkeit und regionale Verankerung sollen zur tragenden Säule der industriellen Entwicklung werden.

Das Label zielt zuerst auf Glaubwürdigkeit. Es verspricht Qualität und Rückverfolgbarkeit - Voraussetzungen sowohl für die nationale Kaufkraft als auch für die internationale Markterschließung. Der marokkanische Konsument soll mit derselben Sicherheit kaufen wie ausländische Abnehmer, und die Produktion des Landes soll in strategisch relevanten Segmenten globaler Wertschöpfungsketten sichtbar werden. Begleitet wird die Einführung des Labels von einer Ausstellung, die die Leistungsfähigkeit der Schlüsselbranchen präsentiert: Automobil, Luftfahrt, Pharmazie, Agrarindustrie, erneuerbare Energien und elektrische Ausrüstung.

Diese Initiative verkörpert eine Industriepolitik, die sich nicht länger als verlängerte Werkbank versteht, sondern als Quelle von Wertschöpfung, lokalen Standards und technologischer Weiterentwicklung. Die aktuellen wirtschaftlichen Daten bestätigen diesen Kurs. Der Produktionsindex der verarbeitenden Industrie (ohne Erdölraffination) ist im zweiten Quartal 2025 um 7% gestiegen. Einzelne Sektoren entwickeln sich sogar noch stärker: +18% im Transportgerätebau, +30% bei elektrischen Ausrüstungen, +7,5% in der Pharmaindustrie und +32% in Kunststoff und Gummi. Auch Textil, Mechanik, Chemie und Nahrungsmittelindustrie verzeichnen eine verbesserte Kapazitätsauslastung - ein Hinweis auf eine breit getragene, nachhaltige Erholung.

Der entscheidende Wandel vollzieht sich jedoch territorial. Industriepolitik wird nicht mehr als Sammlung isolierter Exportzonen verstanden, sondern als vernetztes Ökosystem, das Investitionen anzieht, qualifizierte Arbeitsplätze schafft und regionale Potenziale mobilisiert. Dies erfordert leistungsfähige Industriegebiete, effiziente Logistik, verlässliche öffentliche Dienstleistungen sowie die konsequente Entwicklung von Kompetenzen. Zugleich gewinnt wirtschaftliche Intelligenz an Bedeutung - die Fähigkeit, Chancen früh zu erkennen, Lieferketten zu sichern, Risiken zu antizipieren und Innovationen zu schützen.

Die internationale Wahrnehmung dieses Ansatzes ist eindeutig: Marokko gilt zunehmend als Modell eines offenen, wettbewerbsfähigen Regionalismus - in einer Welt, in der Lieferketten fragmentierter und strategischer gedacht werden. Mit einem dichten Netz an Freihandelsabkommen, leistungsstarken Häfen und Flughäfen sowie erfolgreichen öffentlich-privaten Partnerschaften positioniert sich das Land als afrikanischer Hub, atlantische Drehscheibe und europäische Schnittstelle zugleich.

Von der Tagung werden konkrete Ergebnisse erwartet. Vereinbarungen sollen den Aufbau neuer Produktionsstätten beschleunigen, Qualifizierung stärken und die lokale Integration erhöhen. Die Industriepreise zeichnen jene Unternehmen aus, die in Innovation, Nachhaltigkeit und regionale Einbindung besonders vorangehen - nicht als symbolische Geste, sondern als messbare Referenz.

Damit das Label langfristig trägt, sind mehrere Hebel entscheidend: eine klare, verlässliche Zertifizierung; zielgerichtete Innovationsfinanzierung; wirksame Exportbegleitung; eine strategische Personalpolitik zur Deckung knapper Berufe; sowie stabile logistische und energetische Rahmenbedingungen.

Über allem steht ein doppeltes Ziel

Wirtschaftliche Souveränität durch Qualität und lokale Integration zu festigen und gleichzeitig die Anforderungen eines globalen Handels zu erfüllen, der Zuverlässigkeit, Nähe und Dekarbonisierung zunehmend belohnt. Gelingt es, Made in Morocco zu einem Leistungsversprechen statt zu einem Slogan zu machen, wird dies nicht nur die industrielle Basis verbreitern, sondern auch die territoriale Entwicklung stärken und die Exportfähigkeit nachhaltig erhöhen.

Die aktuelle Dynamik bietet eine selten günstige Gelegenheit: Die Kennzahlen verbessern sich, Zukunftsbranchen verdichten sich, das öffentlich-private Ökosystem gewinnt an Reife - und die internationale Nachfrage sucht genau jene stabilen, strategischen Plattformen, die Marokko bieten kann. Das neue Label muss diese Ambition nun mit Normen, Ergebnissen und sichtbarer Wirkung untermauern.