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Wenn der Himmel schweigt: Marokko im Schatten der Dürre

Die Wasserreserven sind auf 32% geschrumpft, die Felder liegen brach, das Vieh dezimiert. Wenn der Herbst ohne Regen bleibt, droht Marokko ein weiteres Dürrejahr - mit Folgen für Landwirtschaft, Wirtschaft und das soziale Gleichgewicht.

 

Gerste. Foto von Crispin Jones auf unsplashAus Rabat warnte der Minister für Ausrüstung und Wasser, Nizar Baraka, vor einer ernsten Entwicklung: Sollte der Herbst keine nennenswerten Niederschläge bringen, könnte Marokko in sein achtes Dürrejahr in Folge eintreten. Die Wasserreserven des Landes sind auf etwa 32% ihrer Gesamtkapazität gesunken - ein kritischer Wert nach einem außergewöhnlich heißen und verdunstungsreichen Sommer. Auch wenn die Lage noch umkehrbar ist, deutet vieles auf eine strukturelle Erschöpfung hin, die über den Klimafaktor hinausreicht.

In Regionen wie Doukkala, Chaouia, Haouz und Tadla warten die Ackerflächen auf die ersten echten Regenfälle, um mit der Aussaat zu beginnen. Jede Woche ohne Wasser gefährdet die Ernte von Weizen, Gerste und Hülsenfrüchten - Kulturen, die vollständig vom Regen abhängen. Auf dem Land sind die Erinnerungen an 1994 und 1995 noch wach, als die Ernte um über 80% einbrach. Erst eine gute Saison im Jahr 1996 konnte den Trend damals umkehren - ein Hinweis auf die verletzliche, aber vorhandene Widerstandskraft der marokkanischen Landwirtschaft.

Auch die Viehzucht leidet. Laut Landwirtschaftsministerium ist der nationale Tierbestand in weniger als zehn Jahren um rund 40% geschrumpft - eine Folge von Futterknappheit und hohen Importkosten. Zwar unterstützt der Staat die Züchter mit Hilfen und Subventionen, doch vor allem in abgelegenen Regionen bleibt die Lage angespannt. Viele traditionelle Wasserstellen sind dort inzwischen versiegt.

Um dieser Entwicklung zu begegnen, setzt Marokko seine langfristige Wasserstrategie fort. Das Nationale Programm zur Versorgung mit Trinkwasser und Bewässerung, das auf königliche Initiative hin gestartet wurde, zielt auf eine gerechtere Verteilung und Diversifizierung der Wasserressourcen. Großprojekte zur Meerwasserentsalzung entstehen in Agadir, Casablanca, Laâyoune und Dakhla, während interregionale Wassertransfers zunehmend zum zentralen Instrument werden. So soll die Landwirtschaft schrittweise unabhängiger vom Regen werden.

Doch jenseits technischer Lösungen ist ein kultureller Wandel notwendig. Fachleute fordern effizientere Bewässerungsmethoden, den Anbau widerstandsfähigerer Sorten und eine stärkere Konzentration auf Kulturen mit höherem wirtschaftlichem Wert und geringerem Wasserverbrauch. In Teilen des Landes, etwa im Obst- und Gemüseanbau unter Tropfbewässerung, hat dieser Wandel bereits begonnen - doch ungleichmäßig und noch zu zögerlich.

Die kommenden Wochen entscheiden über die Richtung. Kommt der Regen, könnte sich die Saison erholen und die Stimmung auf dem Land aufhellen. Bleibt er aus, droht 2025-2026 ein weiteres Jahr der Dürre - mit schwerwiegenden Folgen für die Landwirtschaft, die nationale Wirtschaft und die soziale Stabilität des Landes.