Strategiewandel in der Westsahara: USA befeuern Investitionen
Im Zuge einer strategischen Neuausrichtung seitens Washington wandelt sich die Westsahara zunehmend zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Knotenpunkt. Die Anerkennung der marokkanischen Souveränität über dieses Gebiet durch die Vereinigten Staaten, eingeleitet im Jahr 2020, ebnet den Weg für eine tiefgreifende Umgestaltung der Investitionsströme in Nordafrika.

Wie das Analysehaus Aivest betont, „verändert die amerikanische Anerkennung der marokkanischen Souveränität über die Westsahara nicht nur die diplomatische Landkarte, sondern gestaltet auch die wirtschaftliche Entwicklung einer Region neu, die nach Stabilität strebt.“ Phosphatvorkommen, Fischerei und erneuerbare Energien entwickeln sich dabei zu strategischen Sektoren mit dem Potenzial, in bisher nicht gekanntem Ausmaß Kapital anzuziehen.
Ein begehrtes Stabilitätssiegel für Investoren
Die amerikanische Position habe, so Aivest, „eine faktische Stabilität geschaffen, auf die Investoren jahrzehntelang gewartet haben.“ Durch die politische Übereinstimmung mit den marokkanischen Ansprüchen habe Washington nicht nur die Position des Königreichs gegenüber der algerischen Ablehnungslinie gestärkt, sondern auch ein günstiges Klima für neue Partnerschaften geschaffen.
Die Einrichtung einer virtuellen diplomatischen Vertretung in Dakhla sowie die Ernennung von Duke Buchan III zum US-Botschafter in Rabat wertet Aivest als „greifbares Zeichen eines langfristig angelegten diplomatischen Engagements“. Darüber hinaus hätten die Vereinigten Staaten 29 Länder - mehrheitlich afrikanische und arabische Staaten - dazu bewogen, Konsulate in der Westsahara zu eröffnen, wodurch „ein diplomatisches Validierungsnetzwerk entstanden ist, das die marokkanische Kontrolle in den Augen internationaler Investoren normalisiert hat“.
Das natürliche Potenzial der Westsahara rückt zunehmend ins Zentrum wirtschaftlichen Interesses. „Das Phosphatvorkommen von Boucraâ, betrieben durch das Office Chérifien des Phosphates (OCP), deckt rund 30% des weltweiten Exports“, erinnert Aivest. Diese diplomatische Aufwertung biete „eine Gelegenheit, strategische Allianzen mit den globalen Akteuren der Agrarindustrie zu schmieden - gerade in Zeiten zunehmender Ernährungsunsicherheit.“
Mit Blick auf die Fischerei hält Aivest fest, dass „das Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und Marokko, das auch die Westsahara einbezieht, nach wie vor eine bedeutende Einnahmequelle für das Königreich darstellt - trotz der Tatsache, dass 85% der pelagischen Fischbestände vollständig oder übermäßig befischt sind.“ Investitionsperspektiven lägen nun vor allem in „der Aquakultur, der industriellen Verarbeitung und dem Ausbau logistischer Infrastrukturen - vorausgesetzt, ethische Fragen wie Überfischung und die Lage der sahrauischen Bevölkerung werden umsichtig behandelt.“
Im Visier: Sonnenenergie und fossile Rohstoffe
Die Energiewende bildet eine tragende Säule der marokkanischen Entwicklungsstrategie in der Westsahara. Aivest verweist auf das Solarprojekt Noor - eines der größten weltweit -, das sich mittlerweile auf saharischem Gebiet erstrecke und „vom überdurchschnittlichen Sonneneintrag profitiert.“ Parallel dazu hätten seismische Untersuchungen unter Leitung amerikanischer Unternehmen „ein bislang unausgeschöpftes Potenzial an fossilen Energieträgern aufgezeigt, dessen wirtschaftliche Erschließung die Region in eine führende Energieplattform verwandeln könnte.“ Gleichwohl mahnt Aivest zur Vorsicht: „Die Nähe zu strategisch wichtigen Schifffahrtswegen verleiht diesen Projekten eine geopolitisch sensible Dimension, in der Fragen der Sicherheit untrennbar mit Infrastrukturplanung verknüpft sind.“
Obgleich auf europäischer Ebene einige rechtliche Streitfragen weiterbestehen, haben diese dem internationalen Investitionsschub keinen Abbruch getan. Aivest stellt fest: „Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs sowie des Internationalen Gerichtshofs haben in keiner Weise die Legitimität wirtschaftlicher Aktivitäten unter marokkanischer Souveränität infrage gestellt.“ Investoren seien nunmehr gefordert, „die durch Washington gewährte politische Stabilität mit einer pragmatischen Auslegung der zunehmend auf diplomatische Kreise beschränkten juristischen Fragen zu verbinden.“
Ein neuer Grenzmarkt im Entstehen
Phosphate, erneuerbare Energien, Hafeninfrastrukturen - die Westsahara etabliert sich als Grenzmarkt, in dem hohe Renditeaussichten mit diplomatischen Risiken einhergehen. Aivest bringt es auf den Punkt: „Die Frage ist nicht mehr, ob gehandelt werden soll, sondern wie - und mit welcher Umsicht.“