Zum Hauptinhalt springen

Marokko bereitet zivilen Einstieg in Atomenergie vor

Marokko hat mit den vorbereitenden Studien zur Einführung der zivilen Atomenergie begonnen - das geht aus einem offiziellen Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) hervor.

 

Marokko bereitet zivilen Einstieg in Atomenergie vorDem Bericht mit dem Titel „Perspektiven der Atomenergie in Afrika“, veröffentlicht in Wien, zufolge gehört Marokko zu den zehn afrikanischen Staaten, die offiziell die erste Phase der Vorbereitung auf die zivile Nutzung von Kernenergie eingeleitet haben.

In diesem Grundlagenpapier stuft die IAEO das Königreich in die sogenannte „Phase 1“ ein - zu jenen Ländern, die erste Machbarkeitsstudien begonnen und mit dem Aufbau der regulatorischen, institutionellen und technischen Grundlagen für die Einführung der Kernenergie begonnen haben. Gemeinsam mit Algerien, Niger und Uganda gehört Marokko zu einer Gruppe von Staaten, die zunächst ihre nationale Position klären, bevor sie verbindliche Entscheidungen treffen.

Bereits 2015 empfing das Königreich eine Überprüfungsmission der IAEO zur nationalen Nuklearinfrastruktur (Integrated Nuclear Infrastructure Review, INIR). Ziel dieser Mission war es, die Fähigkeit Marokkos zu bewerten, ein sicheres, nachhaltiges und ausschließlich friedliches Atomprogramm aufzubauen. Der Bericht führt aus: „Phase-1-INIR-Missionen wurden in Ghana (2017), Kenia (2015), Marokko (2015), Niger (2018), Sudan (2018) und Uganda (2021) durchgeführt.“

Seither arbeitet Marokko gezielt an der Umsetzung der technischen Empfehlungen, die im Rahmen dieser Mission ausgesprochen wurden. Die IAEO betont: „Marokko, Niger, Sudan und Uganda haben INIR-Missionen der ersten Phase empfangen, um den Aufbau ihrer nationalen Nuklearinfrastruktur zu unterstützen, und arbeiten an der Umsetzung der Empfehlungen.“

Atomenergie als Antwort auf strukturelle Energieknappheit

Vor dem Hintergrund einer strukturellen Stromversorgungslücke in Afrika - über die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu Elektrizität - konstatiert die IAEO ein wachsendes Interesse an der Atomenergie als Weg zu mehr Energiesouveränität. „Rund 500 Millionen Menschen in Afrika leben ohne Stromzugang; der Kontinent ist stark von fossilen Brennstoffen abhängig“, warnt der Bericht.

Insgesamt hätten dreizehn afrikanische Länder formale Schritte unternommen, um den möglichen Einsatz dieser Technologie zu prüfen oder einzuführen. „Zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und zur Reduktion von Emissionen wenden sich viele afrikanische Staaten der Kernenergie zu“, so die IAEO.

Der Meilenstein-Ansatz: Drei Phasen zum Atomprogramm

Der von der IAEO entwickelte Fahrplan - bekannt als Milestones Approach - gliedert sich in drei aufeinanderfolgende Phasen, die jeweils mit einem formellen Meilenstein abgeschlossen werden. Marokko befindet sich derzeit noch in Phase 1, die der Prüfung der Machbarkeit, dem institutionellen Aufbau und der Schaffung eines regulatorischen Rahmens gewidmet ist.

Ghana, Kenia und Nigeria sind bereits in Phase 2 vorgedrungen, in der ein Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Atomprogramms getroffen wurde. Ägypten ist das einzige afrikanische Land, das sich derzeit in der Bauphase einer Großanlage befindet - dem Atomkraftwerk El Dabaa an der Mittelmeerküste.

Nationale Koordination als Schlüsselfaktor

Die IAEO betont, dass ein Nuklearprogramm ein Jahrhundertprojekt sei, das langfristige nationale Verpflichtungen, starke Institutionen, ein verlässliches regulatorisches Umfeld und politische Kohärenz erfordere. Wesentliche Voraussetzungen seien die Formulierung einer nationalen Haltung, die Einrichtung einer umsetzenden Organisation, die Definition einer Nuklearstrategie sowie der Aufbau qualifizierter Fachkräfte.

In dieser Hinsicht verfügt Marokko mit der Agentur für nukleare und radiologische Sicherheit (AMSSNuR) sowie dem Nationalen Zentrum für Energie, Wissenschaft und Nukleartechnik (CNESTEN) über tragfähige wissenschaftliche und regulatorische Strukturen.

Zwar ist das Königreich noch weit von der konkreten Errichtung eines Reaktors entfernt, doch werden die notwendigen Grundlagen Schritt für Schritt gestärkt. Die IAEO bringt es auf den Punkt: „Die Veröffentlichung bietet einen Überblick über das wachsende Interesse afrikanischer Länder an der Atomenergie - sowohl zur Deckung ihres Elektrizitätsbedarfs als auch zur Bewältigung des Klimawandels.“