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Lissabon und Rabat planen neue Stromroute zwischen Europa und Afrika

Die portugiesische Regierung wird in Kürze eine Studie zur Machbarkeit einer Stromverbindung zwischen Portugal und Marokko in Auftrag geben. Dies kündigte Maria da Graça Carvalho, Ministerin für Umwelt und Energie, bei einer Pressekonferenz in Lissabon an, über die auch lokale Medien berichteten. „Wir werden die Möglichkeit eines Anschlusses an Marokko prüfen; es wurden bereits Kontakte zwischen unserem Außenminister und seinem marokkanischen Amtskollegen geknüpft“, erklärte sie und kündigte ein erstes bilaterales Treffen im Ministerium an.

 

Stromroute zwischen Europa und AfrikaDas Königreich Marokko ist bereits über zwei Unterseekabel mit jeweils 700 MW an das spanische Stromnetz angebunden; eine dritte Verbindung gleicher Kapazität soll bis 2026 folgen. Parallel dazu sondiert das Land weitere Zugangsmöglichkeiten zum europäischen Energiemarkt – darunter auch ein potenzielles Leitungsprojekt mit Deutschland. Laut Ministerin Carvalho signalisiert Marokko ein „echtes Interesse an einer Ausweitung in Richtung Europa“, was Portugal in eine strategisch zentrale Position innerhalb der künftigen energiepolitischen Weichenstellungen rückt.

Nach Einschätzung der portugiesischen Behörden markiert das Gespräch zwischen den beiden Ministerien mehr als nur einen symbolischen Erstkontakt - es gilt als Auftakt zu einer vertieften technischen Kooperation, die bereits in den kommenden Monaten Gestalt annehmen soll. Das Vorhaben reiht sich ein in eine Phase tiefgreifender Umbrüche im regionalen Energiesektor, in der Fragen der Interdependenz und Versorgungssicherheit zunehmend zum Kern diplomatischer Strategien werden - so berichten mit den Verhandlungen vertraute Kreise.

Hier einige Hintergründe:

Bereits 2023 bei der COP28 wurde eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, die die Weichen für eine technische Kooperation und Studien zur Portugal-Marokko-Stromverbindung stellte. Laut aktuellen Medienberichten umfasst das Projekt zwei Gleichstromkreise (HVDC) à 500 MW über rund 265 km Unterseekabel zwischen Ben Harchane und Tavira.

Die Iberische Halbinsel gilt als „Energieinsel“, da ihre Anbindung an das zentraleuropäische Stromnetz höchst begrenzt ist. Der Interkonnektionsgrad liegt derzeit deutlich unter den EU-Vorgaben (2-6%), weit entfernt vom Ziel von 15% bis 2030. Nach dem massiven Blackout im April 2025, der weite Teile Spaniens und Portugals lahmlegte, hat sich die Dringlichkeit verstärkt, alternative Verbindungswege zu etablieren.

Geplante Stromverbindungen über Frankreich verzögern sich erheblich, was Spanien und Portugal zunehmend isoliert. Die Projekte durch die Pyrenäen wurden teilweise aus Frankreichs Ausbauplänen gestrichen.

Überregional beteiligt sich Marokko auch am Regionalnetzverbrauchsprojekt COMELEC (North African Power Pool), das nordafrikanische Strommärkte vernetzen soll.