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Botschaft S.M. Mohammed VI zur „nationalen Konferenz zur Regionalisierung"

S.M. König Mohammed VILob sei Gott, Frieden und Segen seien mit unserem Herrn, dem Gesandten Gottes, sowie seiner Familie und seinen Gefährten.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist uns eine Freude, uns anlässlich der Eröffnung der zweiten nationalen Konferenz zur fortgeschrittenen Regionalisierung an Sie zu wenden, die unter unserer hohen Schirmherrschaft stattfindet. Dies unterstreicht das große Interesse, das wir diesem strategischen Vorhaben entgegenbringen. Es soll dazu beitragen, gute territoriale Governance zu festigen und die wirtschaftliche sowie soziale Entwicklung unseres Landes auf nationaler und lokaler Ebene voranzutreiben.

Wenn die erste Ausgabe dieses wichtigen nationalen Forums eine Gelegenheit darstellte, den Leitrahmen für die Ausübung der eigenen und gemeinsamen Zuständigkeiten der Regionen zu verabschieden - einen Referenzrahmen, der auf einem partizipativen Ansatz basiert und Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen den beteiligten Akteuren aufzeigt -, dann hat dieser Rahmen stets und wird auch weiterhin als Verpflichtung gelten, die alle unterzeichnenden Parteien in die Verantwortung nimmt.

Wir hoffen, dass diese Konferenz eine Gelegenheit bietet, eine Bilanz der Umsetzung des Projekts zur fortgeschrittenen Regionalisierung zu ziehen und den positiven Dialog zwischen allen Beteiligten zu fördern - einschließlich Regierungsvertretern, Vertretern öffentlicher Institutionen und gewählten Amtsträgern. Ziel ist es, gemeinsam Fragen von gemeinsamem Interesse zu erörtern, die mit der optimalen Umsetzung dieses Projekts zusammenhängen, und die effektivsten Wege zu finden, um die fortgeschrittene Regionalisierung zu einem Hebel für wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu machen. Sie soll in der Lage sein, den Herausforderungen der Entwicklung zu begegnen, Ungleichgewichte im Wachstum zu bewältigen und regionale Disparitäten zu verringern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wenn die erste Amtsperiode mit der Einrichtung und Aktivierung der verschiedenen Strukturen der Regionalräte, der Fertigstellung der Durchführungsbestimmungen der Organisationsgesetze für Gebietskörperschaften sowie mit der Annahme erster Planungsdokumente und Entwicklungsprogramme sowie der Einführung der nationalen Charta zur Dezentralisierung einherging, so erfordert die aktuelle Amtsperiode eine Beschleunigung, um dieses richtungsweisende Projekt wirksam und effizient in die Praxis umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund erfordert die aktuelle Phase eine evaluative Überprüfung der Fortschritte, die unser Land auf dem Weg zur Schaffung einer fortgeschrittenen Regionalisierung und der Stärkung der administrativen Dezentralisierung gemacht hat, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung der Empfehlungen, die aus der ersten Konferenz zu diesem Thema hervorgegangen sind.

Bereits in unserer Botschaft an die Teilnehmer der ersten Nationalen Konferenz zur fortgeschrittenen Regionalisierung im Jahr 2019 hatten wir dazu aufgerufen, „einen methodischen Rahmen mit einem klaren Zeitplan für die Phasen der Ausübung der Zuständigkeiten durch die Regionen zu entwickeln.“

In diesem Zusammenhang erfordert der strategische Aspekt des Weges zur fortgeschrittenen Regionalisierung ein verstärktes Engagement aller Akteure in einem Prozess der Konsultation und des konstruktiven Dialogs. Dies sollte im Einklang mit dem Prinzip der schrittweisen und kontinuierlichen Umsetzung stehen, insbesondere im Hinblick auf die Klärung, Präzisierung und Aneignung der Zuständigkeiten sowie deren effektive Ausübung, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der praktischen Umsetzung ergeben haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Rahmen unseres Bestrebens, die fortgeschrittene Regionalisierung optimal umzusetzen, rufen wir dazu auf, die Bemühungen fortzusetzen, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen dieses richtungsweisenden Projekts zu bewältigen. Dabei möchten wir auf sieben wesentliche Herausforderungen hinweisen.

Erstens: Die Herausforderung der tatsächlichen Umsetzung der nationalen Charta zur Dezentralisierung:

Wie bekannt ist, haben wir dem Projekt der administrativen Dezentralisierung seit unserer Thronbesteigung besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da es eine strategische Bedeutung innerhalb der institutionellen Dynamik hat, die die fortgeschrittene Regionalisierung begleitet.

In diesem Zusammenhang haben wir in unserer Botschaft an die Teilnehmer der ersten Nationalen Konferenz zur fortgeschrittenen Regionalisierung betont, wie wichtig es ist, die Umsetzung der nationalen Charta zur Dezentralisierung zu beschleunigen. Wir haben darauf hingewiesen, dass „alle Ressourcen mobilisiert und alle Ministerien aktiv in die Umsetzung dieser Charta eingebunden werden müssen, indem die Erstellung der Leitpläne zur administrativen Dezentralisierung beschleunigt wird. Diese Pläne sollten auf der tatsächlichen Übertragung von funktionalen Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen auf die regionale Ebene basieren.“

Es wurde jedoch festgestellt, dass die meisten Ministerien bei der tatsächlichen Umsetzung der administrativen Dezentralisierung im Rückstand sind. Trotz seiner Bedeutung weist dieses Vorhaben weiterhin Defizite auf, insbesondere im Bereich der vorrangigen Zuständigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen. Die Verzögerung bei der Übertragung dieser Zuständigkeiten auf die dezentralen Behörden führt dazu, dass administrative Verfahren für Investitionen komplizierter werden und Investoren daran gehindert werden, ihre Vorhaben unter angemessenen Bedingungen umzusetzen.

Zweitens: Die Herausforderung der Präzisierung und Umsetzung der Zuständigkeiten der Gebietskörperschaften,

insbesondere der Regionalräte, die eine grundlegende Voraussetzung für die tatsächliche Umsetzung der fortgeschrittenen Regionalisierung sowie für die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes darstellen. Trotz der in diesem Bereich unternommenen Anstrengungen wurde dies bislang nicht in zufriedenstellender Weise erreicht.

In diesem Zusammenhang fordern wir die Einführung eines umfassenden Ansatzes, bei dem sowohl die betroffenen Ministerien als auch die Gebietskörperschaften ihre volle Verantwortung übernehmen. Dies soll dazu beitragen, die angestrebten Ziele der Zuständigkeitspräzisierung zu erreichen, die einen entscheidenden Schritt zur vollständigen Umsetzung dieses Projekts darstellen.

Drittens: Die Herausforderung der Förderung der partizipativen Demokratie auf regionaler und lokaler Ebene,

im Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung des Königreichs. Dies erfordert die aktive Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger sowie der zivilgesellschaftlichen Organisationen in die Gestaltung, Ausarbeitung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung der gemeinsam mit den gewählten Gremien beschlossenen öffentlichen Politiken, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

Viertens: Die Herausforderung, Verantwortung mit Rechenschaftspflicht im Bereich der territorialen Verwaltung zu verknüpfen:

Da die Regionen zusammen mit anderen Gebietskörperschaften mittlerweile eine zentrale Säule der Dezentralisierung in unserem Land darstellen und eine wesentliche Grundlage für die territoriale Verwaltung bilden, sind sie in der Lage, die Herausforderung der Entwicklung zu meistern und sich von traditionellen Verwaltungsformen zu lösen. Dies kann durch die Einführung und Anwendung von Mechanismen für gute Regierungsführung, Demokratie, Legitimität und Effizienz geschehen. Es ist daher notwendig, die Prinzipien der Integrität zu stärken und Korruption zu bekämpfen, indem eine Philosophie der Kontrolle und Rechenschaftspflicht entwickelt wird, im Einklang mit dem verfassungsmäßigen Prinzip, das Verantwortung mit Rechenschaftspflicht verknüpft.

Fünftens: Die Herausforderung, die Attraktivität der Territorien zur Förderung produktiver Investitionen als wesentlichen Hebel für nachhaltige Entwicklung zu steigern:

Im Kontext der Globalisierung und des zunehmenden Wettbewerbs ist allgemein anerkannt, dass die Attraktivität eines jeden Territoriums eine entscheidende Rolle bei der Förderung des Wirtschaftswachstums, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Verbesserung der Lebensbedingungen der Bürger spielt. Daher ist es notwendig, dass die Regionen des Königreichs die sich bietenden Chancen nutzen und ihre spezifischen Potenziale bestmöglich ausschöpfen.

Dieser Erfolg hängt von einer klaren Strategie ab, die darauf abzielt, die Attraktivität auf verschiedenen Ebenen zu steigern, indem eine günstige Umgebung für Unternehmen geschaffen wird, ergänzt durch moderne Infrastrukturen, qualifizierte Arbeitskräfte und geeignete Anreize. Ebenso sollten die natürlichen Ressourcen sowie das kulturelle und historische Erbe der verschiedenen Regionen des Königreichs gezielt aufgewertet werden.

Dies erfordert zwangsläufig einen integrierten und partizipativen Ansatz. Es ist unverzichtbar, dass die Gebietskörperschaften, der Staat, der Privatsektor und die Zivilgesellschaft gemeinsam ehrgeizige Strategien zur Steigerung der Attraktivität entwickeln und umsetzen, wobei die Besonderheiten jeder Region zu berücksichtigen sind.

Sechstens: Die Herausforderung der Regionen, neue Finanzierungsmechanismen zu entwickeln:

Die Erfahrungen und die praktische Umsetzung haben gezeigt, dass traditionelle Finanzierungsformen für Strategien und Maßnahmen nicht mehr ausreichen, um den bestehenden Herausforderungen zu begegnen. Es ist daher notwendig, alternative Finanzierungsformen zu entwickeln, die die finanzielle Belastung der Regionen und anderer Gebietskörperschaften verringern können.

Diese Herausforderung wirft für die regionalen Akteure die Frage auf, inwieweit das neue Modell für lokale Haushaltsführung, das auf Effizienz basiert, tatsächlich umgesetzt wurde, und inwieweit man sich auf neue Finanzierungsformen eingelassen hat, die durch den derzeitigen rechtlichen Rahmen der lokalen Finanzen ermöglicht werden.

Siebtens: Die Herausforderung, auf Krisen zu reagieren und sich an die Veränderungen der Gegenwart und die Einflüsse der Zukunft anzupassen:

Parallel zu den Bemühungen, die Attraktivität der regionalen Gebiete zu fördern, darf die Notwendigkeit eines effektiven Risikomanagements und der Krisenbewältigung nicht außer Acht gelassen werden. Verschiedene Regionen könnten mit einer Vielzahl wachsender Bedrohungen konfrontiert werden, die von Naturereignissen über wirtschaftliche bis hin zu ökologischen Ursprüngen reichen. Solche Herausforderungen, die oft plötzlich auftreten und unvorhersehbar sind, könnten die Entwicklungsbemühungen gefährden, wenn ihnen nicht rechtzeitig und angemessen begegnet wird.

Daher ist es unerlässlich, eine flexiblere und reaktionsfähigere Herangehensweise an die regionale Planung zu verfolgen. Statt an starren Aktionsplänen festzuhalten, sollten die Regionen ihre Fähigkeiten zur Antizipation, Anpassung und kontinuierlichem Lernen stärken.

Die marokkanischen Regionen sind in der Lage, widerstandsfähigere Gebiete zu schaffen, die besser auf Veränderungen reagieren und Krisen standhalten können. Sie können die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen meistern, wenn sie eine umfassende Risikomanagementstrategie in ihre Entwicklungsprogramme integrieren. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung, um eine nachhaltige und inklusive Entwicklung für alle Regionen des Königreichs sicherzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Zu den Problemen und Risiken, die die Entwicklungsbemühungen in den Regionen unseres geliebten Königreichs behindern und die bewältigt werden müssen, gehören: die Bewältigung der Wasserstresskrise, die Weiterentwicklung des Verkehrs- und Mobilitätssystems sowie die Einbindung in den digitalen Wandel.

Es ist bekannt, dass Marokko seit geraumer Zeit unter strukturellem Wasserstress leidet, wie wir bereits anlässlich der Eröffnung der ersten Sitzungsperiode des zweiten Legislaturjahres im Jahr 2022 betont haben.

Zweifellos wirft das Problem des Wasserstresses Fragen an alle Beteiligten auf, einschließlich der Regionen und Gebietskörperschaften, die dazu angehalten sind, mit diesem Umstand mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit und durch koordinierte Anstrengungen umzugehen. Das Thema beschränkt sich nicht nur auf die Bereitstellung von Wasserausrüstungen, so wichtig diese auch sein mögen, sondern umfasst auch die Notwendigkeit einer verbesserten Wasserbewirtschaftung, um einen integrierten Ansatz in der Wasserpolitik zu fördern. Insbesondere ist die Bewältigung des Wasserstresses ein wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen regionalen Entwicklung.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Regionen und anderen Gebietskörperschaften, jeweils im Rahmen ihrer eigenen und gemeinsamen Zuständigkeiten, zusammen mit anderen Akteuren in diesem wichtigen Bereich aufgerufen, ehrgeizigere Programme und Initiativen zu starten. Dies sollte im Rahmen einer nationalen Strategie zur Wassereinsparung auf regionaler Ebene geschehen, wobei konkrete und wirksame Maßnahmen zu deren Umsetzung beizutragen sind.

Was die Weiterentwicklung des Verkehrs- und Mobilitätssystems betrifft, um eine integrierte regionale Entwicklung zu fördern, so steht fest, dass sich dieser Sektor in den kommenden Jahren rasant entwickeln wird. Dies ist auf die wachsende Bedeutung Marokkos als regionaler Investitionsstandort sowie auf die großangelegten Projekte zurückzuführen, die im Rahmen der Vorbereitungen des Landes auf die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2030 gestartet wurden.

Angesichts dieser Entwicklungen, der großen Herausforderungen, denen Marokko zu Beginn des dritten Jahrtausends gegenübersteht, und der strategischen Ziele und Ambitionen, die der Staat definiert hat, ist die Entwicklung eines umfassenden und nachhaltigen Verkehrssystems zu einer wesentlichen Voraussetzung für eine integrierte regionale Entwicklung geworden. Gleichzeitig ist sie ein zentraler Hebel, um territoriale und soziale Ungleichheiten auf regionaler Ebene zu verringern.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Regionen und Gebietskörperschaften aufgefordert, neben den Bemühungen des Staates ihren Beitrag zur Weiterentwicklung dieses Sektors zu leisten.

Was den digitalen Wandel in den Gebietskörperschaften betrifft, so ist dieser heute nicht mehr eine Option, sondern eine Notwendigkeit, um mit der technologischen Revolution unserer Zeit Schritt zu halten. Es ist unvorstellbar, irgendeinen Entwicklungsprozess auf regionaler Ebene ohne digitale Entwicklung zu gestalten, insbesondere da wir eine zunehmende Integration digitaler Technologien in alle Bereiche der Verwaltung und Gestaltung regionaler Angelegenheiten erleben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

In Anbetracht der Herausforderungen und Probleme, denen unser Land gegenübersteht, und ausgehend von unserem tiefen Glauben an die enorme Bedeutung der fortgeschrittenen Regionalisierung sowie der Notwendigkeit einer Reflexion und Bewertung des aktuellen Standes der Umsetzung, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung der Empfehlungen aus der ersten Ausgabe dieser Konferenz, laden wir Sie ein, einen klaren und einvernehmlichen Fahrplan zu entwickeln, der es ermöglicht, strategische Ausrichtungen für die nächste Phase festzulegen.

Am Ende Ihrer Konferenz erwarten wir die wertvollen und konstruktiven Empfehlungen und Schlussfolgerungen, die daraus hervorgehen werden, und wir bitten Gott, dass er Ihre Arbeit mit Erfolg krönt und Sie zum Wohl des Landes und seiner Bürger führt.

Friede sei mit Ihnen, sowie Gottes Barmherzigkeit und Segen.