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Ausbau der Kooperation: KfW unterstützt Marokkos Reformagenda

Deutschland baut seine Rolle als zentraler Finanzierungspartner Marokkos weiter aus. Mit drei neuen Abkommen über insgesamt 450 Millionen Euro setzt die deutsche Entwicklungsbank KfW klare Akzente bei Klimapolitik, sozialer Absicherung und Verkehrsinfrastruktur. Unterzeichnet wurden die Vereinbarungen in Rabat von Haushaltsminister Fouzi Lekjaa und der für Nordafrika zuständigen KfW-Direktorin Daniela Beckmann.

 

Der größte Einzelposten betrifft den Ausbau des regionalen Schienenverkehrs in der wirtschaftlich wichtigsten Region des Landes. 200 Millionen Euro fließen in die Mobilitäts- und Logistikplattform Casablanca-Settat, die vom staatlichen Eisenbahnamt ONCF umgesetzt wird. Ziel ist eine Modernisierung von Bahnhöfen und Infrastruktur, um Mobilität, Standortattraktivität und wirtschaftliche Entwicklung in der Metropolregion zu stärken.

Weitere 150 Millionen Euro sind für die zweite Phase des marokkanischen Programms zur sozialen Sicherung vorgesehen. Die Mittel sollen insbesondere direkte Sozialtransfers, beschäftigungspolitische Maßnahmen und die Integration junger Menschen ohne Arbeit, Ausbildung oder Schulbildung unterstützen. Ergänzt wird das Paket durch 100 Millionen Euro für Klimapolitiken, mit Fokus auf Anpassung an den Klimawandel und den Übergang zu einem emissionsärmeren Wirtschaftsmodell.

Die Abkommen unterstreichen den strategischen Charakter der deutsch-marokkanischen Entwicklungszusammenarbeit. Nach Angaben der marokkanischen Regierung summieren sich die bisherigen Finanzverträge zwischen beiden Ländern auf rund sieben Milliarden Euro, hinzu kommen technische Hilfsprogramme im Umfang von etwa 500 Millionen Euro. Für Berlin ist Marokko damit einer der wichtigsten Partner in Nordafrika.

Auf deutscher Seite wurde zugleich signalisiert, dass die finanzielle Unterstützung weiter ausgeweitet werden soll. Für das laufende Jahr seien mehr als 600 Millionen Euro an Finanzierungen vorgesehen, erklärte die KfW. Zudem will Deutschland verstärkt private Investitionen fördern, insbesondere in den Bereichen erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität und regionale Entwicklung.

Politisch fügt sich das Paket in die marokkanische Reformagenda ein, die auf soziale Absicherung, Infrastrukturmodernisierung und Klimaanpassung setzt. Kritisch bleibt jedoch, wie schnell und effizient die Programme umgesetzt werden und welche messbaren Effekte sie für Beschäftigung, soziale Gerechtigkeit und Klimawiderstandsfähigkeit entfalten. Die neuen Mittel erhöhen den finanziellen Spielraum des Staates - sie ersetzen jedoch nicht die Notwendigkeit wirksamer Umsetzung, institutioneller Koordination und transparenter Erfolgskontrolle.

Kommentar

Die jüngsten Finanzierungsabkommen zwischen Marokko und Deutschland stehen exemplarisch für einen stillen Wandel in der Entwicklungszusammenarbeit. Geld ist längst nicht mehr nur Unterstützung, sondern ein Instrument, um staatliche Prioritäten zu strukturieren und Reformpfade vorzugeben. Klimapolitik, soziale Sicherung und Mobilität werden dabei nicht isoliert behandelt, sondern als miteinander verknüpfte Hebel wirtschaftlicher Steuerung.

Auffällig ist der Übergang von projektbezogener Förderung hin zu reformorientierter Finanzierung. Das erhöht Effizienz und Kohärenz, verschiebt aber auch die Gewichte zwischen nationaler Entscheidungshoheit und externen Erwartungen. Die eigentliche Bewährungsprobe liegt daher nicht in der Mittelvergabe, sondern in der Fähigkeit, Reformdruck mit politischer Autonomie und messbarer Wirkung in Einklang zu bringen.

Ob diese Partnerschaft strukturellen Wandel ermöglicht oder neue Abhängigkeiten schafft, entscheidet sich nicht beim Unterzeichnen, sondern bei der Umsetzung. 

Mounir Lougmani