Ali Faiq und die „kenntnisreiche“ Musik der Ṛṛways
Der Sänger Ali Faiq, geboren 1965 in der Gemeinde Ait Milk, Provinz Achtouken ait baha, lässt sich von vielen musikalischen Traditionen inspirieren. Besonders am Herzen liegt ihm aber die Musik der Ṛṛways* - ein Kulturgut, das er vor dem Vergessen und Aussterben bewahren und an die jüngeren Generationen weitergeben möchte.
Ali Faiq Albums „Isktitn“ ist eine Sammlung von Liedern und Musikstücken der Ṛṛways. Das Album ist das Ergebnis einer intensiven Beschäftigung mit dieser Kunst, zu deren Bewahrung er vorrangig beitragen möchte: „Ich habe in den Archiven der Französischen Nationalbibliothek Quellen gefunden, die bis in die 1920er und 1930er Jahre zurückreichen und die für die Entwicklung dieser Kunstrichtung von großer Bedeutung waren.“
In seiner eigenen Musik greift Ali Faiq statt auf die traditionellen Instrumente der Ṛṛways wie die Ribab und die Loutar auf neuere Instrumente zurück. Er bezeichnet das kulturelle Erbe der Ṛṛways als „musique savante“: „kenntnisreiche Musik“.
Ali Faiq, Gründer und Sänger der Gruppe „Amarg Fusion“, arbeitet derzeit an einem neuen Projekt, das er „ARTigmmi Ait milk“ nennt. Es soll ein kultureller Ort werden, an dem alle Kunstrichtungen der Souss-Massa-Region vertreten sein sollen und wo Jugendliche der Gemeinde Ait Milk willkommen sind. Neben der Kunst soll dort auch das Bewusstsein für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung gefördert werden.
Tirra s ikwlan (farbige Schriften)
Schon zu den Zeiten als Ali Faiq mit seiner Gruppe „Dounia Amarg“ die ersten Alben herausbrachte, war ich überzeugt, dass in ihm großes Potential schlummert… Er ist ein echter Ṛṛways mit einem unglaublichen Rhythmus- und Taktgefühl, das unter den Sängern der jüngeren Generationen eher seltener geworden ist.
Mit seinen neueren Alben, die er nunmehr mit seiner Gruppe Amarg Fusion aufnimmt, hat er sein Können noch einmal unter Beweis gestellt. Liebhaber mazirischer Musik waren und sind begeistert, wie die Besucherzahlen seiner Videos auf Youtube und Dailymotion zeigen.
Das Album „Tirra s ikwlan“ beispielsweise enthält neun Titel in einem unverwechselbaren Stil. Die Einflüsse der Reggae- und Gnawa-Musik sind nicht zu verkennen.
Der aktuelle Titel dagegen ist eine Rückkehr zu den Wurzeln. Ali Faiq hat dazu gemeinsam mit einer Ṛṛways- Gruppe das Lied „amzwag“ (der immigrierte) im traditionellen Tirruysa-Stil aufgenommen. Ein Geschenk an all die Nostalgiker und Liebhaber dieser Musikrichtung, die angesichts der Einflüsse der westlichen Musik auf die mazirische Musik immer mehr ins Hintertreffen gerät.
Auch in seinem neuen Album hat der Sänger aus Achtouken alles andere als enttäuscht. Er zeigt damit erneut, dass er damit die ihm am Herzen liegenden Themen „Umwelt“, „Kunst“, „Liebe“, etc. besonders treffend hervorhebt.
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* Die Ṛṛways sind reisende Dichter und Sänger, die einst Gruppen bildeten und die Berge des Hohen Atlas, des Anti-Atlas und des Souss durchstreiften. Obwohl die Ursprünge der Ṛṛways unbekannt sind, stammen die ersten Zeugnisse aus dem Ende des 19. Jahrhundert. Die Kunst der Ṛṛways ist eine Kombination aus Tänzen, ungeschriebener Musik und weltlichen oder religiösen Liedern, getragen von Gedichten von außerordentlicher Vielfalt mit zeitlosen Themen wie der Liebe, der Schönheit der Natur oder der Ehrfurcht vor Gott, aber auch mit den Sorgen der Zeit, darunter der Wunsch nach Unabhängigkeit, soziale Umwälzungen, der Schmerz des Emigranten fern der Heimat oder die neuen Sehnsüchte der Jugend.